Die Kommunen haben vergeblich gewarnt: Der Trend zur Zersplitterung der Räte setzt sich fort, wie eine Bilanz des Städtetags ergibt. Der Verband fragt: Wird das Wahlrecht endlich reformiert?

Stuttgart - Baden-Württembergs Städtetag sieht sich in seiner Forderung bestärkt, kleine Parteien und Wählervereinigungen in den Räten einzudämmen. „Die von uns prognostizierte und befürchtete weitere Zersplitterung der Ratsgremien ist nach der jüngsten Kommunalwahl eingetreten“, sagte Städtetagsdezernent Norbert Brugger unserer Zeitung. Er bezieht sich auf eine Auswertung in den zwölf größten Städte im Land.

 

Danach sitzen im neuen Stuttgarter Gemeinderat Vertreter von 14 verschiedenen Wahlvorschlägen – bisher waren es elf. In 48-köpfigen Freiburger Rat sind sogar 16 verschiedene Gruppierungen (bisher 13) präsent, auch Ulm hat zugelegt von zehn auf 13, Mannheim von neun auf zehn.

Strobl hat verfassungsrechtliche Bedenken

Brugger macht dafür das Sitzzuteilungsverfahren verantwortlich, das kleine Gruppierungen bevorzugt. Ein Bewerber erhält nämlich auch dann einen Sitz, wenn seine Stimmen rechnerisch nur für einen halben Sitz reichen – weil aufgerundet wird. Die Kommunalen Spitzenverbände haben deshalb Landtag und Landesregierung schon mehrfach gebeten, an der Methode zur Errechnung der Mandate ein Stück zu drehen. Doch obwohl Grüne und CDU dies im Koalitionsvertrag vereinbaren, ist bisher nichts geschehen. Innenminister Thomas Strobl bringt vielmehr verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese „faktische Sperrwirkung“ für kleine Parteien vor. Eine „Atomisierung“ der Räte lasse sich nicht belegen.

Die Städte rechnen ihm nun das Gegenteil vor. So sei im Jahr 2019 die Zahl der eingereichten Wahlvorschläge in den zwölf größten Städten gegenüber 2014 um 17,4 Prozent auf 142 gestiegen. Die Zahl der in den Räten vertretenen Wahlvorschläge wuchs um 10,4 Prozent auf 127. Brugger: „Die Ratsarbeit wird dadurch noch komplexer, aufwändiger und schwieriger.“