Mit Hilfe eines Mediators wollen sich die tief zerstrittenen AfD-Lager im Landtag wieder zusammenraufen. Vom Gelingen der Vermittlungsmission hängt auch die politische Zukunft von Parteichef Jörg Meuthen ab.
Stuttgart - Auch wenn mancher in der Partei darauf gehofft haben mag – eine rasche Wiedervereinigung der gespaltenen AfD im Landtag von Baden-Württemberg wird es nicht geben. So viel immerhin scheint gewiss. Seit Beginn der Affäre um den Abgeordneten Wolfgang Gedeon, der in seinen Büchern antisemitische Positionen vertritt, ist einfach zu viel geschehen. Zu tief sind die aufgerissenen Gräben, zu schwer wiegen die gegenseitigen Anfeindungen.
Ein neutraler Mediator soll es nun richten. Beide Lager haben je einen Vermittler vorgeschlagen. Am Montag und Dienstag stellen die Kandidaten sich vor. Es sollen Profis sein, so ist zu hören, mit viel Erfahrung in der freien Wirtschaft. Nach der Vorstellung soll entschieden werden, zunächst über die Personalie, dann über das weitere Verfahren. Danach erst kann die eigentliche Vermittlung beginnen. Sie dürfte mehrere Wochen beanspruchen, mindestens.
Beide Seiten sind derzeit sichtlich um Zurückhaltung bemüht. „Die Vermittlung wird schwierig, weil die Lage schwierig ist“, sagt Jörg Meuthen. Der Chef der neuen 14-köpfigen Landtagsfraktion Alternative für Baden-Württemberg (ABW), der zugleich die AfD im Land führt und, gemeinsam mit seiner Intimfeindin Frauke Petry, auch die Bundespartei, möchte sich über mögliche Themen der Vermittlung nicht öffentlich äußern. „Ich stelle keine Bedingungen über die Medien, das würde nur das Gesprächsklima belasten“, so Meuthen. „Wir müssen sehr gründlich sein, wenn wir das in Ordnung bringen wollen. Es kann keinen Kompromiss geben um jeden Preis“, fügt er hinzu. Das klingt dann doch wie eine Kampfansage.
Sänze: Persönliche Befindlichkeiten wiegen schwer
Emil Sänze, Vizechef der achtköpfigen AfD-Fraktion, gibt sich gelassen. „Wir gegen wertfrei in die Vermittlung, es gibt ja keinen großen inhaltlichen Dissens“, sagt er. Schließlich sei der Fall Gedeon mit dem Fraktionsaustritt des pensionierten Mediziners aus Singen abgeschlossen. Viel schwerer wögen da persönliche Befindlichkeiten. Es könne aber keine Lösung sein, „dass im Landtag zwei Fraktionen unter dem gleichen Parteilabel und mit den gleichen Inhalten agieren“. Eine Wiedervereinigung sei deshalb dringend geboten. „Wenn einer das nicht mit sich selbst vereinbaren kann, sollte er sich aus dem Spiel nehmen“, so Sänze. Eine Kampfansage wohl auch das.
Für beide Seiten geht es natürlich auch darum, das Gesicht zu waren. Wie also soll die Wiedervereinigung laufen, rein technisch zum Beispiel? Kehren die 13 Abgeordneten, die mit Meuthen die AfD-Fraktion verließen, wieder zu ihr zurück? Oder sollen sich die acht Mitglieder der Rest-AfD im Landtag der ABW-Fraktion anschließen, die sich dann als AfD-Fraktion bezeichnen könnte? Beides ist schwer vorstellbar. Meuthen macht kein Geheimnis daraus, dass er sich die Gründung einer dritten Fraktion vorstellen könnte, deren beide Vorläufer dann überflüssig würden. Auch Sänze scheint nicht abgeneigt, einen solchen „dritten Weg“ zu gehen. Aber für ihn sei das letztlich „sekundär“, sagt er.
Was aber wäre dann primär? Meuthen hat sich bereits vor Wochen klar positioniert. Am 12. Juli schrieb er einen offenen Brief an die AfD-Mitglieder. Darin legte er dar, warum er und die 13 Abgeordneten nach dem Fraktionsaustritt Gedeons nicht unmittelbar wieder zurückkehren wollten in die AfD-Fraktion: „Diese war und ist immer noch geprägt von einigen Abgeordneten, welche nicht bereit sind, sich inhaltlich klar gegen Antisemitismus anzugrenzen.“ An diesem Satz dürfte er gemessen werden, wenn die Ergebnisse der Vermittlung in einigen Wochen auf den Tisch kommen. Was natürlich voraussetzt, dass es ein Ergebnis überhaupt gibt.
Parteikonvent diskutiert Führungsstreit
Jörg Meuthen macht derzeit Urlaub mit der Familie. Erst am 13. August kehrt er zurück, pünktlich zum Parteikonvent der AfD in Kassel. Dort werden Mitglieder der Landesverbände und des Bundesvorstands auch über mögliche Konsequenzen des erbitterten Machtkampfs an der AfD-Spitze beraten. Auf dem Höhepunkt der Affäre um Gedeon hatten sich die verfeindeten Parteichefs Jörg Meuthen und Frauke Petry im Stuttgarter Landtag ein bemerkenswertes Duell geliefert. Entschieden ist es noch nicht, doch Meuthen wird deutlich geschwächt nach Kassel reisen. Denn er hatte gehofft, die Landtags-AfD bis zum Parteikonvent wieder einen und erneut anführen zu können.
Daraus wird nun nichts. Meuthen hat Fehler gemacht, das sagen auch Parteifreunde, die ihm wohl gesonnen sind. Er muss fürchten, dass Petry in Kassel einen Sonderparteitag durchsetzt, um die Basis über den Bundesvorstand richten zu lassen. Selbst wenn Meuthen bis dahin in Stuttgart wieder Oberwasser haben sollte, könnte dies das Ende der bundespolitischen Ambitionen des Wirtschaftsprofessors aus Kehl bedeuten.