Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat 0:1 in Irland verloren – und muss plötzlich um die EM-Qualifikation zittern. Am Sonntag geht es in Leipzig gegen Georgien um alles oder die Play-offs.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Dublin - All diejenigen, die bereits bei der Eroberung des dritten Sterns auf dem Trikot der deutschen Fußballlieblinge mit dabei waren, werden sich erinnern an jene satte Direktabnahme des Thomas Häßler vom Herbst 1989. Mit seinem Siegtor zum 2:1 über den krassen Außenseiter Wales sorgte „Icke“ dafür, dass sich Deutschland noch auf den letzten Drücker als einer der besten Gruppenzweiten hinter den Niederlanden für die WM 1990 qualifizierte. Erst so wurde der spätere Titelgewinn von Rom überhaupt möglich.

 

Die deutsche Fußball-Nationalelf muss in ihrer erfolgreichen Geschichte nicht zum ersten Mal nachsitzen. Und auch nach dem unrühmlichen 0:1 von Irland, das der „Irish Independent“ als einen „epischen Sieg über die Fußball-Großmacht“ feierte, wird die Entscheidung über die direkte Qualifikation zur Euro 2016 in Frankreich erst in der letzten Partie fallen.

In Leipzig gegen Georgien gilt’s

Die findet in Leipzig statt, wo die Mannen um den verletzten Kapitän Bastian Schweinsteiger („Was seinen Einsatz betrifft, wird es eng“, so Bundestrainer Löw) am Sonntag (20.45 Uhr/RTL) auf den Zwerg Georgien treffen. Bei den Kaukasiern handelt es sich um die Nummer 110 der Fußballwelt, gegen die der Weltmeister nicht wie gegen Irland noch einmal verlieren sollte. Denn bei einem Unentschieden in der Partie zwischen Polen und Irland könnte der deutschen Elf dann der Umweg über die K.-o.-Spiele drohen (sieh dazu auch Info-Box).

Als er nach Spielschluss von dieser Gefahr erfuhr, da legte zumindest Mats Hummels eine entsetzte Miene auf. „Was, so mies steht es um uns?“, fragte der verdutzte Innenverteidiger, der beim entscheidenden Treffer der Iren durch den gerade eingewechselten Shane Long wie der Kölner Linksverteidiger Jonas Hector „eine halbe Sekunde zu spät“ reagiert hatte. Jérôme Boateng sprach von einem „Anfängerfehler“, denn die deutsche Abwehr konnte den Torschützen auf seinem Weg zum Golden Goal lediglich noch eskortieren – und der irische Torhüter Darren Randolph durfte sich für seinen langen Ball auf Long einen Assist gutschreiben. Dass man den Weltmeister mit derlei fußballerischer Hausmannskost aufs Kreuz legen kann, schien davor schwer vorstellbar.

Ein Fehler wird prompt bestraft

Also haderte der erfolgsverwöhnte Joachim Löw nach der „unnötigsten Niederlage der vergangenen Jahre“ ein wenig mit höheren Fußballmächten. Schließlich sei man bei 99 langen Bällen der technisch biederen, aber kampfstarken Iren auf der Höhe gewesen, ehe der „einzige Fehler des Spiels“ bestraft wurde. Tatsächlich ließen die drückend überlegenen Deutschen, die allein in der ersten Hälfte auf 75 Prozent Ballbesitz kamen, nur diese eine Chance zu. Doch es gehörte auch zur Geschichte des Spiels, dass es die meisten Akteure im DFB-Trikot darauf anlegten, im Energiesparmodus zum Erfolg zu kommen. „Die Deutschen wirkten hochmütig und lässig“, erkannte zum Beispiel die „Irish Times“.

Denn die Aktionen des bis in die Bedeutungslosigkeit abtauchenden Mesut Özil sowie seiner schwachen Nebenleute Marco Reus und Thomas Müller, dem achtfachen Torschützen in der EM-Quali, erinnerte oft an ein lockeres Trainingsspielchen. Hinterher gaben sich viele Akteure anders als Hummels aber unbekümmert. „Wir müssen uns nicht unnötig unter Druck setzen. Wir wissen, was wir können“, erklärte Müller. Ein Heimspiel gegen Georgien, was soll da schon passieren? „Ich beschäftige mich nicht mit der Tabellensituation, weil ich weiß, dass wir mit einem Sieg in Frankreich dabei sind“, umschrieb Jérôme Boateng die innere Haltung des Teams, die von einem zweifelhaften Selbstbewusstsein zeugt.

Schließlich hatte man bereits das Duell gegen die bissigen Boys in Green auf die leichte Schulter genommen, in dessen Vorfeld es lediglich eine einzige Trainingseinheit mit der ganzen Mannschaft gegeben hatte. Damit fing der Hochmut irgendwie schon an.