Kommunalpolitiker fühlen sich in Esslingen von der Verwaltung ausgetrickst. Der Erste Bürgermeister Wilfried Wallbrecht wehrt sich. Er fühlt sich unfair behandelt. Schuld an allem ist eine nicht mehr ganz neue, doch in Esslingen vielgeliebte Brücke: der Alicensteg.

Esslingen - Der Erste Bürgermeister Wilfried Wallbrecht will den Vorwurf, ihm unterstellte Ämter tricksten die Esslinger Stadträte aus, nicht auf sich sitzen lassen. Im Zusammenhang mit den Abrissplänen des Alicenstegs mutmaßten einige Ratsmitglieder, die Rathausverwaltung habe das Gremium nicht vollständig informiert beziehungsweise manipuliert, um ihre Abrisspläne durchzubekommen.

 

Auf die Vorwürfe selbst ging Wallbrecht inhaltlich nicht ein, sondern drückte am Freitag eher seine persönliche Betroffenheit aus. „Der Vorwurf der Trickserei, der Manipulation eines Gremiums, wiegt stark. Er ist jedoch vollkommen unbegründet und dabei so unfair, dass ich ihn nicht unkommentiert stehen lassen kann und ihm aufs Deutlichste widerspreche“, schrieb er in einem Brief, der sich an die Fraktionsvorsitzenden im Gemeinderat und die Sprecher im Ausschusses für Technik und Umwelt richtet. Über mehrere Jahre hinweg sei der Alicensteg Thema in den Gremien gewesen. Erst am Ende dieses Prozesses sei die Entscheidung gefallen. Vor diesem Hintergrund empfinde er die Behauptung, die Mitarbeiter des Tiefbauamtes hätten etwas „konstruiert“, als Affront. Die Kritik an der Abriss-Entscheidung werde auf dem Rücken von Verwaltungsmitarbeitern ausgetragen, die er, wie er betont, in Schutz nehme.

Und darum geht’s

Hintergrund: In Esslingen tobt ein Streit über den geplanten Abriss des Alicenstegs. Der Steg ist ein von vielen Esslingern geliebter Fußweg, der vom Zollberg über den Neckar in den Merkelpark und die Innenstadt führt. Der Ausschuss für Technik und Umwelt stimmte mit einer knappen Mehrheit für den Abriss. Ebenso schlimm wie die Entscheidung selbst fanden Räte wie Andreas Fritz (Grüne) und Tobias Hardt (Linke) die Art, wie der Beschluss zustande kam. Die Verwaltung habe etwas „konstruiert“, was dann letztlich zu der Abrissentscheidung geführt und „dem Steg den Todesstoß versetzt“ habe, sagte Fritz. Dabei spielt auch eine an sich unbedeutende Putzaktion ein Rolle. Weil eine kleine Putzkolonne Anfang Januar einen gesperrten Waldweg, der zum Steg führt, sauber gemacht hätte, sei die Brücke noch attraktiver geworden, führte ein Mitarbeiter des Tiefbauamtes an. Täglich werde er nun von Spaziergängern überquert. Auf der Brücke sei der Belag lose, Teile davon könnten von Passanten auf die darunterliegende B 10 gestoßen werden. Deshalb sei „Gefahr in Verzug“ und der Steg müsse schnell abgerissen werden.

Wurden die Gemeinderäte reingelegt?

Nun bleibt immer noch die Option, den Steg nach dem Abriss wieder neu zu bauen – der Ausschuss will im Laufe des Jahres darüber beraten. Allerdings gibt es im Bundesverkehrswegeplan eine Option, die B 10 sechsspurig auszubauen. „Es werden keine neuen Bauwerke genehmigt, die diesen Ausbau der B 10 stören könnten“, meinte Hardt und fragte: „Warum wurde dieser Fakt in der Beschlussvorlage nicht erörtert?“ Jörg Exner vom Fußgänger-Lobbyverein „Fuss e.V.“ vermutete, dass die Gemeinderäte ausgetrickst wurden: „Die Abstimmung im Ausschuss wäre anders verlaufen, wenn den Rätinnen und Räten dieser Umstand bekannt gewesen wäre.“