Zu schwer, zu bunt, für den Anlass unpassend: Jeff Koons will mit einer Blumenskulptur der Terroropfer von Paris gedenken, aber die Stadt hadert mit dem Geschenk.

Paris - Es sieht schlecht aus für Jeff Koons, den bestbezahlten Künstler der Gegenwart. Der Amerikaner will der von Terroranschlägen gezeichneten Stadt Paris zu Ehren der Opfer einen 33 Tonnen schweren Tulpenstrauß vermachen. Vor ein paar Tagen erst hatten Kulturschaffende in einem offenen Brief dafür geworben, die Blumen aus Stahl und Aluminium „als Botschaft der Hoffnung“ dankbar entgegenzunehmen und sie am vom Künstler gewünschten prominenten Ort unweit des Eiffelturms zu platzieren. Zwischen dem städtischen Museum für Moderne Kunst und dem benachbarten staatlichen Palais de Tokyo, wo vornehmlich aufstrebende französische Künstler zu Ehren kommen, würde Koons sein Werk gerne sehen. Doch wie der Sender RTL meldet, verweigert Frankreichs Kulturministerin Francoise Nyssen der monumentalen Gabe ihren Segen. Die Frage sei nur noch, wann und in welcher Form die Ministerin ihr Nein verkünden werde.

 

Damit ein unterirdischer Saal des Palais de Tokyo unter der Last der Tulpen (und einer mitgelieferten, sie haltenden Hand) nicht einbricht, hätte die Ministerin Baumaßnahmen ergreifen müssen. Und das war ihr dann wohl doch zu viel des Schlechten. Schließlich ist da auch noch der Argwohn, der Spender wolle mit dem 12 Meter hohen Blumengruß weniger den Opfern des Terrors ein Denkmal setzen als sich selbst. Dass der von Gewinnstreben und Geltungssucht nicht immer freie frühere Aushilfsbroker den Frühlingsstrauß entweder auf dem Vorplatz der Museen oder gar nicht aufstellen will, legt diese Annahme zumindest nahe. Wobei Koons beteuert, er habe sich von der Großzügigkeit der Franzosen inspirieren lassen, die den Amerikanern 1886 die Freiheitsstatue geschenkt hatten. Eine Geste sei das gewesen, die er angemessen erwidern wolle.

Warum den Blumengruß nicht einem ärmeren Arrondissement überlassen?

Ob er sich unter dem Eindruck des ministeriellen Neins nun doch noch mit einem weniger illustren Ort anfreunden wird? An Vorschlägen fehlt es nicht. Der bisher letzte stammt von Thomas Clerc. In der Dienstagsausgabe von „Le Monde“ plädiert der Schriftsteller dafür, das Werk statt im mit Kunst bereits reich gesegneten großbürgerlichen 16. Pariser Arrondissement lieber im von Einwanderung und Armut gezeichneten 18. aufzustellen. Auf diese Weise könne Koons, der sich großer Popularität rühme, seinen Worten Taten folgen lassen und Volksnähe beweisen.

Anderenorts freilich keimt neue Hoffnung, dass der Blumengruß aus den USA auf dem Amtsweg nun endgültig dahinwelkt. Blumen seien vergänglich, schreibt da etwa Ende Februar ein Leser des katholischen Blattes „La Croix“. Er wäre froh, wenn dies auch für die scheußlichen badezimmerfarbenen Gewächse des Monsieur Koons gelten würde. Zu ästhetischen Einwänden gegenüber dem auch als bonbonfarbene Riesenlutscher geschmähten Werk gesellen sich Bedenken, ob die in ähnlicher Form in Hannover und Bilbao sprießenden Tulpen das Richtige sind, um der Toten des Terrors vom Januar und November 2015 zu gedenken. Als Lebensfreude verbreitende, „archetypische Glücksbilder“ pflegt der Amerikaner seine Arbeiten zu empfehlen. Dass Mäzene zur Verwirklichung der von Koons gestifteten Idee drei Millionen Euro an Fertigungs- und Materialkosten beisteuern sollen, schmälert Dankbarkeit und Freude der Empfänger zusätzlich.

Einiges spricht dafür, dass der Künstler jetzt erst einmal im Pariser Rathaus anruft, wo er in der sozialistischen Bürgermeisterin eine verlässliche Verbündete gefunden hat. Anne Hidalgo würde den Strauß genauso gern vor dem Musée de l’art moderne sehen wie Koons. Und wenn sich Hidalgo den Vorplatz nicht mit dem Palais de Tokyo teilen müsste, wo die ihr politisch wenig gewogene Madame Nyssen das Sagen hat, wäre die Blumen auch längst dort. In jedem Fall dürfte an der von Koons bereits im vergangenen Herbst angebotenen Gabe noch eine Zeitlang gezogen und gezerrt werden. Ob der 63-Jährige das Hin und Her geahnt hat? Die Tulpen, die er geschaffen hat, wirken nicht eben taufrisch. Sie lassen ein wenig die Köpfe hängen.