Wer gegen seinen Grundsteuerbescheid bei der Stadt Esslingen Einspruch erhebt, muss bei einer Ablehnung dafür bezahlen. Diese Information haben mehrere Betroffene schriftlich erhalten. Mario Seiler aus Berkheim empfindet das als Drohung.
Es ist – das haben viele Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer mittlerweile erfahren müssen – nicht so einfach beim Thema Grundsteuer für Nachfragen oder Beschwerden den richtigen Ansprechpartner zu finden. Je nachdem, worüber man sich informieren oder wogegen man Widerspruch beziehungsweise Einspruch einlegen möchte, gibt es unterschiedliche Zuständigkeiten.
Zuletzt haben sich viele Betroffene nachvollziehbarerweise an die Stadt gewendet, da sie ja als „Rechnungssteller“ fungiert hat. Dort jemanden zu erreichen, ob in der Kämmerei oder auch beim Gutachterausschuss, der ja für die Ermittlung der Bodenrichtwerte zuständig ist, gestaltet sich aber alles andere als einfach. Zahlreiche Leserinnen und Leser haben ihre Probleme unserer Zeitung gegenüber geschildert.
Telefonisch niemand erreicht und die Post kam zurück
Mario Seiler, dem zusammen mit seiner Ehefrau ein Haus in der Berkheimer Straße gehört, ist auf die Verwaltung jedenfalls nicht gut zu sprechen: „Ich habe zigmal vergeblich versucht, bei der Stadtkämmerei anzurufen, und auch mein Einspruchschreiben, das ich mit der Post geschickt hatte, zurückbekommen.“ Von Nachbarn und Bekannten habe er ähnliches gehört, ergänzt er.
Letztlich sei er dann persönlich aufs Amt gegangen, um seinen Widerspruch gegen den Jahresbescheid und die Feststellung des Bodenrichtwerts abzugeben. Seiler schildert sein Empfinden: „Nach einigem Hin und Her wurde mir letztlich widerwillig ein Eingangsstempel auf mein Schreiben gedrückt.“
Drei Wochen später erhielt die Familie ein Schreiben der Kämmerei, aus dem hervorgeht, „dass sich die in der Widerspruchsbegründung aufgeführten Einwendungen ausschließlich gegen den Grundsteuermess- beziehungsweise den Grundsteuerwertbescheid, also den Grundlagenbescheid, wenden“. Für beides sei aber das Finanzamt Esslingen zuständig, teilte die Stadt mit.
Der Grundsteuerbescheid als Folgebescheid könne deshalb „nicht angegriffen werden“. Den Seilers wurde deshalb empfohlen, ihren Widerspruch zurückzunehmen, da ansonsten eine „kostenpflichtige Entscheidung“ getroffen werden müsse, die sich auf mindestens 70 Euro belaufe.
Bei Rücknahme keine Verwaltungsgebühr
Auf Anfrage sorgt die Stadtkämmerei für Aufklärung: „Bei einem Widerspruch gegen den Folgebescheid hat die Stadt Esslingen ausschließlich dessen Rechtmäßigkeit, nicht aber die Rechtmäßigkeit des Grundlagenbescheids zu prüfen.“ Gemäß der Verwaltungsgerichtsordnung müsse man daher einen kostenpflichtigen Widerspruchsbescheid erlassen.
„Die Stadtkämmerei gibt den Steuerpflichtigen jedoch die Möglichkeit, ihren Widerspruch zurückzunehmen und somit eine kostenpflichtige Entscheidung zu vermeiden. Im Falle einer Rücknahme wird von der Erhebung einer Verwaltungsgebühr abgesehen“, heißt es in der Antwort weiter.
Mario Seiler hat eine andere Empfindung: „Ich sehe das als Drohung an.“ Zurückgezogen habe er seinen Einspruch deshalb allerdings nicht. Er erwägt vielmehr entweder selbst den Klageweg zu beschreiten oder sich der Sammelklage von Jürgen Bieda anzuschließen. Dieser hat bereits neun Mitstreiter gefunden – nicht nur aus seiner Nachbarschaft in der Hohenackerstraße, um mit ihm zusammen, wie er es ausdrückt, „dieser Ungerechtigkeit im Land entgegenzutreten“.
Seiler wiederum spricht von „einer Form der Gutsherrenart, wie das Land mit uns umgeht“ und zeigt deshalb sogar ein gewisses Verständnis für das Verhalten der Beschäftigten bei der Stadt. „Die Leute dort sind genauso Opfer eines nicht durchdachten Landesgesetzes und tun mir alle ziemlich leid.“