Zollkontrolle am Sindelfinger Wald Koreanische Reisegruppe muss warten

Großaufgebot von Polizei und Zoll auf der Raststätte Sindelfinger Wald: Drogen und Diebesgut finden die Beamten nicht. Aber sie halten einen Bus fest, dessen Besitzer dem Finanzamt noch Steuern schuldet.
Sindelfingen - Ziemlich konsterniert ist der Reiseleiter einer koreanischen Reisegruppe, als die Polizei den Reisebus von der Autobahn auf den Parkplatz der Sindelfinger Rastanlage lenkt. „Ich bin jeden Monat zweimal mit einer Gruppe hier, aber wir wurden noch nie kontrolliert“, sagt der junge Mann, der seinen Namen nicht nennen möchte. Europa in elf Tagen zeigt der Koreaner seinen überwiegend älteren Landsleuten. „Wir kommen jetzt aus Heidelberg und sind unterwegs nach Innsbruck. Auch die Schweiz und Italien stehen noch auf unserem Programm.“
Alle Passagiere müssen aussteigen und einem Polizeibeamten ihren Pass aushändigen. Derweil kontrollieren Kollegen den Fahrer und den Fahrtenschreiber des Busses. Die Reisenden drängen sich angesichts des Regens in ein Zelt, das das Technische Hilfswerk aufgebaut hat. Misstrauisch beäugen sie die Beamten, die den Bus checken. Auskünfte wollen sie keine geben, außer dem Reiseleiter scheint auch niemand Englisch zu sprechen.
Sechs Stunden lang kontrollierten am Mittwoch 50 Mitarbeiter von Zoll und Polizei Lastwagen und Reisebusse an der Rast- und Tankanlage Sindelfinger Wald. Die Polizei durchsuchte die Busse und das Gepäck nach Diebesgut und prüfte, ob der Fahrer die Lenkzeiten eingehalten hatten und das Fahrzeug technisch in Ordnung war. Der Zoll war auf der Suche nach Schmuggelware.
Busse aus Amsterdam sind verdächtig
Besonders im Visier hätten die Fahnder „Busse, die aus Amsterdam kommen“, sagt Thomas Seemann, der Pressesprecher des Stuttgarter Hauptzollamts. „Wegen der Drogen.“ Vor der Einführung des freien Grenzverkehrs in Europa wurden solche Kontrollen an den Grenzen durchgeführt. Heute ist der Zoll mit mobilen Teams auf sämtlichen Autobahnen in der Republik unterwegs, oft auch Hunderte Kilometer von den Landesgrenzen entfernt.
Die Ausrüstung ist höchst modern. Zwei Mitarbeiter des Zolls vom Stuttgarter Flughafen haben ein mobiles Röntgengerät dabei und durchleuchten die Koffer der Busreisenden. An einem Bildschirm im Transporter identifizieren die Beamten die Inhalte. Organische Stoffe – also auch Kleidung – leuchten orange, metallene Gegenstände blau. Wie erkennt der Beamte Drogen? „Verdächtig ist zum Beispiel, wenn in einer Flasche etwas dunkler als gewöhnlich. Dann öffnen wir den Koffer und schauen nach“, erklärt der Beamte.
Das Gepäck der Reisenden eines Linienbusses, der von Köln über Karlsruhe bis nach Pristina im Kosovo fährt, ist sauber. „Hoffentlich dauert das nicht so lange“, sagt Ibadete Shabani. Die Frau aus Karlsruhe fährt gemeinsam mit ihrem Mann Qaril für eine Woche in die alte Heimat. „Der Schwiegervater hat Geburtstag. Wir wollen ihn überraschen“, erzählt sie. Schon oft sei sie mit dem Bus in den Kosovo gereist. „Noch nie wurden wir kontrolliert.“ Doch sie habe nichts zu befürchten. „Ich habe nur Kleidung für mich und Schokolade als Geschenk im Koffer.“
Koffer kommen in den Scanner
„Ein Flixbus und ein Postbus kommen“, kündigt ein Polizeibeamter an. Kurz drauf fahren das gelbe sowie das grüne Fahrzeug ein, flankiert von Polizisten auf Motorrädern. Auch hier das gleiche Prozedere: alle müssen ihre Pässe abgeben. Die Koffer gehen zur Kontrolle in den Scanner. Doch es gibt nichts zu beanstanden. Auch die Papiere des Fahrers und seine Lenkzeiten sind okay. Die Busse dürfen nach einer halben Stunde weiterfahren.
Weniger glimpflich geht es für die koreanische Reisegruppe aus. 2700 Euro Schulden hat der italienische Unternehmer, dem der Bus gehört. „Ausländische Busunternehmer, die in Deutschland Personen befördern, müssen bei uns Umsatzsteuer zahlen“, erklärt der Pressesprecher Seemann. Der italienische Busbesitzer hat offenbar eine Rechnung offen. Frierend stehen die Koreaner im Regen, während der Reiseleiter und der Busfahrer mit den Zollbeamten verhandeln. Doch die kennen kein Pardon. Schließlich löst der Reiseleiter das Problem und legt die 2700 Euro aus. Erleichtert steigen die älteren Passagiere wieder in den Bus. Innsbruck ist nun ihr Ziel.
Ansonsten verläuft der Kontrolltag ruhig für die Beamten. Sie ertappen zwei Lastwagenfahrer, die den Fahrtenschreiber manipuliert haben. Andere haben verbotenerweise überholt oder nicht genügend Abstand zum Fahrzeug vor ihnen gelassen.
Diebesgut findet die Polizei aber keines. Und auch keine Schmuggelware. Vielleicht liegt das auch nur daran, dass am Donnerstag offenbar kein Reisebus aus Amsterdam vorbeigekommen ist. Denn solche Busse werden gern von Drogenkurieren genutzt.
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