Zoologisch-botanischer Garten Stuttgart Die Wilhelma braucht eine Finanzspritze von 7,5 Millionen Euro

Die beiden neuen Brillenbären Cashu und Suyana nahmen das umgestaltete Gehege genauestens in Augenschein. Foto: Wilhelma Stuttgart

Der zoologisch-botanische Garten in Stuttgart erholt sich nur langsam von den Folgen der Schließungen. Wegen der Pandemie muss das Land viel Geld für den laufenden Betrieb aufbringen. Immerhin: Die Besucherzahlen nähern sich wieder einer Million.

Stuttgart - Corona hat die Wilhelma in eine wirtschaftlich prekäre Lage gebracht. Die Besucherzahl ist während der Pandemie extrem gesunken, Großveranstaltungen – etwa der Internationale Kindertag oder Halloween, die mehr Publikum bringen, sowie Einnahmen durch Kindergeburtstagsfeiern oder Führungen – mussten wegen der Infektionsschutzmaßnahmen ausfallen .

 

Anders als ein Museum oder eine Bibliothek konnte Wilhelma-Chef Thomas Kölpin die Einrichtung nicht einfach schließen: Tiere brauchen Betreuung und Futter, die Pflanzen des zoologisch-botanischen Gartens müssen ohne Unterbrechung gepflegt werden. So verursacht auch ein menschenleerer Park weiterhin Kosten in erheblicher Höhe. Wegen der vergangenen zwei Coronajahre musste das Land deshalb 7,5 Millionen Euro zuschießen, damit der Betrieb aufrechterhalten bleiben konnte.

Die Besucherzahl steigt wieder

Immerhin: Es geht wieder etwas aufwärts. Im Jahr 2020 hatte sich die Zahl der Besucher auf 805 000 halbiert; an 117 Tagen ist die Wilhelma geschlossen geblieben, um die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. In den vergangenen zwölf Monaten zählte man am Neckar nur noch 96 Schließtage, so dass die Besucherzahl wieder auf 995 000 geklettert ist. „Der Ausfall blieb erheblich“, sagt Thomas Kölpin, „aber ob ein Drittel oder lediglich ein Viertel fehlt, macht bereits einen deutlichen Unterschied. Hilfreich war für uns, dass wir mit gesammelter Corona-Erfahrung und bewährtem Hygienekonzept 2021 nach den Schließungen das Tageslimit schneller hochsetzen konnten als zuvor.“

Die Illuminationsshow Christmas Garden, die 2020 pandemiebedingt pausieren musste, hat in diesem Winter wieder zusätzliche Abendgäste in die Wilhelma geführt – mit positiven Auswirkungen auch für den Wilhelma-Shop und die mobilen Gastrobetriebe. Deren Pacht füllt schließlich auch die Wilhelma-Kassen.

Corona forderte kein Opfer unter Tieren

„Dass wir den Basisbetrieb aufrechterhalten konnten, verdanken wir dem leidenschaftlichen Engagement unserer Belegschaft unter den schwierigen Bedingungen“, betont Kölpin. Weder unter den Tieren noch bei den seltenen Pflanzen habe man Verluste gehabt. Ganz im Gegenteil. Es gab neu zugezogene Tiere bei den Brillenbären und Netzgiraffen und Zuwachs bei den Schneeleoparden, und das gleich dreifach. Die Drillinge Dawa, Karma und Nyima waren die Publikumslieblinge. Der Schneeleoparden-Nachwuchs von 2019, Askar und Malou, wurde auf Empfehlung des europäischen Zuchtkoordinators an Zoos weitervermittelt, wo sie eine eigene Familie gründen sollen.

Auf Nachwuchs setzt die Wilhelma in diesem Jahr bei den Geparden. Im Frühjahr bezog Niara aus dem Zoo Salzburg das umgebaute ehemalige Eisbärengehege, 2022 soll es mit Zawadi oder Haraka, den beiden Katern, „zu fruchtbaren Rendezvous kommen“, teilt die Wilhelma mit. Auch der Jaguar-Kater Milagro – er ist jetzt, mit anderthalb Jahren, noch zu jung – soll später mit der Katze Taima ein Zuchtpaar bilden. Alle Schwerpunkte bei der Zucht, auch die bei Brillenbären, sind bewusst nach Artenschutzaspekten ausgewählt. Ziel ist, wenn auch in einigen Fällen weit entfernt, die Auswilderung aus den Beständen der Zoos.

Derweil unterstützt die Wilhelma, unter anderem mit dem Artenschutz-Euro der Besucher, mehr als 20 Schutzprogramme weltweit. Inklusive des eigenen Budgets investierte der Landesbetrieb im Jahr 2021 insgesamt 450 000 Euro, unter anderem in den Ankauf von Regenwald in Ecuador, mit dem das Schutzgebiet für Brillenbären erweitert wird. Zudem wird eine vierköpfigen Rangertruppe in Belize mitfinanziert zum Schutz von Jaguar, Puma und Tapir. „Ich bin äußerst dankbar, dass so viele unserer Gäste den Artenschutz-Euro beisteuern“, betont Kölpin.

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Viele Bauprojekte auf dem Plan

Was der Wilhelma in Stuttgart ideell und finanziell weitergeholfen hat, war der Verein der Freunde und Förderer der Wilhelma. Nach Darstellung des Vorsitzenden Georg Fundel hat der Verein im Laufe seines 65-jährigen Bestehens 20 Millionen Euro in Projekte der Wilhelma investiert und damit weitere Investitionen vonseiten des Landes ausgelöst. Vereinsziel ist die artgerechte Unterbringung der Zootiere. Der Verein will das projektierte Flusspferdgehege am Neckarufer finanzieren und hat weitere zehn Millionen Euro für die Elefantenwelt fest zugesagt.

Um einen neuen Giraffenbullen bemüht sich die Wilhelma derzeit. Bulle Hanck starb im vergangenen Oktober; er hat einen medizinischen Eingriff nicht überlebt.

Was die Wilhelma vorantreibt

Jahresprogramm
Auch die kleinen Tiere sind bei all den großen nicht vergessen worden: 2022 wird der Neubau für Kleinsäuger, Vögel und fleischfressende Pflanzen fertig, die Eröffnung, hofft Thomas Kölpin, könnte schon zu Ostern erfolgen – wenn die Pandemie wieder Menschen auf engerem Raum erlaube. Ebenfalls noch in diesem Jahr, versichert die Direktion, beginne der Bau eines Landschaftsgeheges weiter oben im Park. Dort sollen künftig die größten Raubkatzen der Welt leben: Sibirische Tiger.

Fortschritte
Neben der Tigeranlage sind die Bauarbeiten am Asiatischen Bauernhof bereits weit fortgeschritten, und der Innenausbau des früheren Menschenaffenhauses hat begonnen. Dort sollen Koalas, Baumkängurus und nachtaktive Arten in einer Terra Australis unterkommen.

Zukunftspläne
Die großen Verluste durch die Pandemie scheinen die gestalterischen Pläne des zoologisch-botanischen Gartens nicht zum Scheitern zu bringen. Finanzminister Danyal Bayaz, der 2021 seinen Antrittsbesuch als Minister absolviert hat, ist bei der Zusage zu weiteren Investitionen für die große Elefantenwelt geblieben. Deren Realisierung ist ein Zukunftsprojekt. Mit dem Fortschritt am Rosensteintunnel rückt auch das Flusspferdprojekt näher. Die Tiere sollen in einem Gehege jenseits der Stadtbahnlinie und der Straße direkt am Neckar einziehen. Der Verein der Freunde und Förderer der Wilhelma will das Projekt finanzieren, es kann aber nach Darstellung des Vorsitzenden Georg Fundel erst damit begonnen werden, wenn die Uferarbeiten abgeschlossen sind. Man rechnet mit dem Jahr 2025. Seit seinem 65-jährigen Bestehen hat der Förderverein bisher 20 Millionen Euro in Projekte der Wilhelma investiert und damit weitere Investitionen vonseiten des Landes ausgelöst. Weitere zehn Millionen Euro hat er für die Elefantenwelt fest zugesagt. czi

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