Es ist Zeit, daran zu erinnern: Recht wird durch Gerichte gesprochen – auch im NSU-Prozess, kommentiert StZ-Korrespondent Mirko Weber.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Etliche Kommentare zur Einlassung von Beate Zschäpe im NSU-Prozess hatten einen der Sache nicht angemessenen Grundton. Von der „Schmalzgeschichte“ (die der Politiker Cem Özdemir gehört hatte) bis zur „Armseligkeit“ (Deutschlandradio) kam in den Wertungen so ziemlich alles vor, was der ansonsten hochgehaltenen Überzeugung widerspricht, es habe im Strafprozess bis zum Urteil des Gerichts die Unschuldsvermutung zu gelten. Der Karlsruher Bundesrichter Thomas Fischer hat diese fahrlässige Ersatzrichterhaltung, die keine ist, entsprechend kritisiert. Angemessen reagiert hat, wie schon oft, der Vorsitzende Richter Manfred Götzl, der wiederum Zschäpes Anwalt seine Fragen diktierte.

 

Götzl bleibt Herr des Verfahrens auch im Fall der mündlichen Aussage von Ralf Wohlleben, Mitglied der NPD bis 2010, der zugibt, dem Trio auf dem Weg in den Untergrund geholfen zu haben. Waffenlieferant will er nicht gewesen sein, was nicht der Wahrheit entsprechen muss. Das Münchner Gericht wird all dies im nächsten Jahr hinterfragen, Punkt für Punkt, und in Kauf nehmen, dass der lange Prozess noch länger dauert. Das ist unangenehm, aber unvermeidlich, damit der Rechtsstaat, der sich anders als die Öffentlichkeit Vorverurteilungen nicht leisten kann, ein Rechtsstaat bleibt.