Konzern sieht sich neuen Vorwürfen wegen zu hoher Abgaswerte ausgesetzt. Man will „vollumfänglich mit den Behörden kooperieren“.

Stuttgart - Es ist nicht der erste Vorwurf, mit dem Daimler im Zuge des VW-Abgas-Skandals konfrontiert ist. Aber es ist vielleicht ein besonders gewichtiger. Das US-Justizministerium hegt offenbar Zweifel, ob Daimler-Fahrzeuge gesetzliche Grenzwerte zum Schadstoffausstoß auch im realen Fahrbetrieb einhalten.

 

Wie Daimler am Freitag mitteilte, habe das Ministerium den Konzern aufgefordert, eine „interne Untersuchung“ der Abgasemissionen eigener Modelle in den USA durchzuführen. Damit droht Daimler Ärger auf einem der größten aber auch einem der sensibelsten Automärkte der Welt. Zudem hat man es mit einem Ministerialapparat zu tun, dem der Ruf vorauseilt, Manipulations-Vorwürfen besonders unerbittlich nachzugehen. Auch im Fall der von Volkswagen eingeräumten Abgas-Tricksereien hat das DOJ, wie das Justizministerium im Jargon genannt wird, die Federführung übernommen.

Gleichwohl ist es für Daimler nicht das erste Mal, dass eine nationale Behörde kritische Fragen stellt. Schon im Januar hatte man sich gegenüber französischen Behörden rechtfertigen müssen. Auch dem britischen Verkehrsministerium fielen Modelle der Schwaben bei eigenen Messungen negativ auf. Im Visier von Nichtregierungsorganisationen wie der Deutschen Umwelthilfe steht Daimler ebenfalls seit Monaten. Auch hier lautet der Vorwurf, dass Daimler-Fahrzeuge zwar bei Tests auf dem Prüfstand gesetzliche Vorgaben einhalten, Verbrauchs- und Emissionswerte im Realbetrieb aber um ein Vielfaches über den gültigen Grenzwerten liegen.

Zuletzt hatte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nach einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung, bei insgesamt 22 Automodellen erhöhte Stickoxid-Emissionen gemessen, die nicht ins gängige Muster passten. Bei den Autos regelt eine Elektronik bei niedrigen Temperaturen von etwa zehn Grad die Abgasreinigung herunter. Auch die Daimler-Konzernmarke Mercedes ist davon betroffen. Ebenso wie viele andere Hersteller verwendet der Stuttgarter Autobauer entsprechende Systeme.

Hersteller führen Bauteilschutz an, um Unregelmäßigkeiten bei Abgaswerten zu erklären

Aus Gründen des „Bauteilschutzes“ ist das auch zulässig. Fachleute streiten sich allerdings darüber wie weitreichend die entsprechende Ausnahmeregelung in einer EU-Verordnung tatsächlich ist.

Festzuhalten ist: Eine gezielte Manipulation von Abgaswerten oder gar Betrug wie Volkswagen ihn beispielsweise eingestanden hat, ist Daimler bislang nicht vorzuwerfen. Der Konzern bestreitet entsprechende Vorwürfe auch seit Monaten vehement.

Mit Blick auf die jetzt vom US-Justizministerium eingeforderte interne Untersuchung zum Emissionsverhalten von Mercedes-Fahrzeugen, sagte Daimler-Finanzvorstand Bodo Uebber am Freitag, man werde „vollumfänglich“ mit den Behörden kooperieren. Etwaigen Hinweisen auf Regelverstöße werde man „konsequent nachgehen und die erforderlichen Maßnahmen selbstverständlich treffen“.

Im Hintergrund der DOJ-Ermittlungen stehen Sammelklagen von US-Autobesitzern, die Daimler gezielte Manipulation bei Abgaswerten vorwerfen. Dies bezeichnete Uebber als „unbegründet“. Man werde sich „mit sämtlichen juristischen Mitteln zur Wehr setzen“, sagte er.

Quartalszahlen: Mehr Absatz, weniger Gewinn

Überschattet von den aktuellen Entwicklungen beim Thema Abgas hat Daimler am Freitag auch seine Quartalszahlen für die ersten drei Monate des Jahres vorgestellt. Die Bilanz ist durchmischt. Zwar ist der Konzern-Umsatz mit 35 Milliarden Euro leicht über den Vorjahreswert geklettert, und beim Absatz stand über alle Marken hinweg mit knapp 684 000 Fahrzeugen sogar ein deutliches Plus.

Der Gewinn brach unter dem Strich allerdings um rund 30 Prozent ein. Statt knapp 2,1 Milliarden Euro wie im Vorjahreszeitraum verdiente Daimler nur 1,4 Milliarden Euro. Die Entwicklung war von Daimler allerdings so prognostiziert worden, weil der Anlauf neuer Modelle wie der E-Klasse, die seit April bei den Händlern steht, die Gewinne drückt und die Restexemplare der Vorgängerbaureihe erwartungsgemäß nicht mehr so schnell abverkauft werden.

Fürs Gesamtjahr geht das Unternehmen allerdings sowohl für den operativen Gewinn (Ebit) als auch für den Umsatz von einer leichten Steigerung aus.