Der Vater hat den wenige Tage alten Säugling über Stunden gequält, bis er ihn schließlich ermordete. Dafür wurde der verurteilt. Die Mutter war im Nebenzimmer und unternahm nichts. Auch sie muss ins Gefängnis.

Mönchengladbach - Der Säugling schrie um sein Leben in der Oktobernacht 2015: Der inzwischen verurteilte Vater setzte sich auf den kleinen Körper, schüttelte, quetschte, missbrauchte den nur 19 Tage alten Neugeborenen über Stunden - bis er ihn mit Schlägen auf die Tischkante tötete. Ein vierstündiges Martyrium, wie der Vorsitzende Richter am Landgericht Mönchengladbach Helmut Hinz am Montag deutlich machte. Viel Zeit für die Mutter nebenan, um einzugreifen. Aber sie blieb im Bett liegen. Dafür ist sie jetzt doch noch zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden.

 

Das Gericht sprach die 27-jährige Mutter am Montag der Körperverletzung mit Todesfolge und Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig, beides durch Unterlassen. Die Frau habe die Verletzungen des Jungen in Kauf genommen und auch mit seinem Tod rechnen müssen, stellten die Richter fest. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor mehr als sechs Jahre Haft gefordert.

Mutter das zweite Mal vor Gericht

Die Mutter stand nach der Ermordung ihres Sohnes durch dessen Vater schon zum zweiten Mal vor Gericht. Eine erste Verurteilung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung wegen Misshandlung durch Unterlassen hatte der Bundesgerichtshof auf Revision der Staatsanwaltschaft aufgehoben.

Die junge Frau schüttelte bei der Urteilsbegründung ungläubig den Kopf. Sie will in jener Nacht fest geschlafen und von dem Martyrium nichts mitbekommen haben. Das war auch die zentrale Frage in dem Prozess: Was hat die Mutter in jener Nacht in der Zwei-Zimmer-Wohnung mitbekommen? Die Frau, die sonst jeden „Piep“ ihres Babys gehört hatte und aufgesprungen war. Verteidiger Gerd Meister sagte, die erschöpfte Mutter habe durchgeschlafen, was ja gar nicht so selten sei bei Müttern nach der Geburt. Er forderte eine Bewährungsstrafe.

„Das ist nicht vorstellbar, wenn ein Kind um sein Leben schreit“, sagte Richter Hinz: „Nach unserer Überzeugung hat sie die Schreie des Kindes im Wesentlichen gehört.“ Das Weinen seiner Kinder höre man immer. Alle Mitglieder der Kammer wüssten das aus eigener Erfahrung.

Reaktion auf den Tod wichtiges Indiz gegen die Mutter

Ihre Überzeugung, alles verschlafen zu haben, gehöre wohl zur Überlebensstrategie der Mutter. „Sie wusste aus den Tagen vorher, dass ihr Mann nicht behutsam mit dem Kind umgegangen ist“, sagte Hinz. Aus dem Gefühl, fünftes Rad am Wagen zu sein, habe der Vater den Jungen schon vorher misshandelt, etwa mit heißer Milch verbrüht. Er wurde unter anderem wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Als wichtiges Indiz gegen die Mutter werteten die Richter ihr Verhalten am Morgen danach: Als der Junge regungslos im Bettchen lag, habe sich die Frau hingesetzt und geweint. „Jemand, der nicht damit rechnet, dass sein Kind zu Tode gekommen ist, hätte ganz anders reagiert“, sagte Hinz: hysterisch, wütend, „der hätte alles versucht, zu retten, was zu retten ist“.