Die Suche der kreiseigenen AVL nach einer Erddeponie in Großbottwar, Hemmingen oder einem anderen Standort wird vom BUND im Kreis Ludwigsburg hinterfragt. Der Vorwurf: Zu viele Baustoffreste werden abgelagert und gelangen nicht in den Kreislauf zurück.

Die Abrissarbeiten sind in vollem Gange: Alte Gewächshäuser verschwinden am Ortsrand von Murr. Die Gemeinde will dort für Unternehmen Flächen schaffen. Problemlos ist das nicht. „Wir müssen auch einiges an asbesthaltigem Material in die Entsorgung bringen“, sagt der Mitarbeiter einer Firma, die ihren Namen nicht in Zusammenhang mit der Standortsuche für eine Erddeponie im Kreis Ludwigsburg in der Zeitung lesen will. Ob in zehn Jahren in Hemmingen oder Großbottwar eine Deponie in Betrieb gehen soll – darüber wird im Kreis Ludwigsburg freilich eifrig diskutiert.

 

Asbesthaltige Abfälle sind für das Unternehmen eher die Ausnahme. Es hat sich das Recycling von Bauschutt zur Aufgabe gemacht. „Jeder muss trennen, auch im Hausbau, das ist gesetzliche Vorschrift“, sagt eine Mitarbeiterin der Firma. In die Deponie Am Froschgraben nach Schwieberdingen wird zu 99 Prozent Erdaushub und Bauschutt der niedrigen Belastungsklasse 0 und 1 angeliefert: jährlich 200 000 Tonnen. Für die Abfallverwertungsgesellschaft Ludwigsburg (AVL) und den Landkreis ein lohnenswertes Geschäft. So hat die AVL in den vergangenen zehn Jahren Erlöse von rund 30 Millionen Euro an den Kreishaushalt abgeführt. Das sieht der BUND-Kreisvorsitzende Stefan Flaig kritisch. „Es wird viel zu viel Material in Deponien abgelagert und zu wenig in den Kreislauf zurückgeführt.“ Flaig findet, dass Investoren und Abrissfirmen wesentlich mehr Stoffe in die Verwertung geben sollten.

Sollte die AVL weniger Bauschutt deponieren?

Der BUND-Chef Flaig sieht sich im Recht und sagt: „Das Gesetz ist eindeutig: Vermeiden vor Verwerten vor Deponieren.“ Er fordert von der AVL deutlich höhere Entgelte, denn die niedrigen Preise von 28 oder 38  Euro pro Tonne mache das Deponieren für die Abbruchunternehmen billiger als das Vermeiden oder Verwerten. Flaig, früher selbst zehn Jahre lang für die Grünen im AVL-Aufsichtsrat, spricht vom Raubbau an der Natur und hält 90 Prozent des Deponieabfalls in Schwieberdingen für vermeidbar. „Stattdessen werden neue Steinbrüche wie in Rielingshausen abgebaggert, Gebäude klimaschädlich abgerissen statt saniert, wertvolle Rohstoffe verschwendet, und zuletzt werden auch noch wichtige Agrarflächen vernichtet, um eine zusätzliche Deponie zu bauen.“ Würden nicht aber höhere Deponieentgelte auch das Bauen teurer machen? Flaig räumt das ein, wertet aber den Schutz der Ressourcen höher. Ein Insider aus der Bauwirtschaft sieht beim Recycling ebenfalls noch Luft nach oben: „Man könnte zum Beispiel mehr Material für die Verfüllung im Straßenbau verwenden, vor allem durch Beton-Recycling“.

Warum erhöht die AVL die Entgelte für das Deponieren nicht?

Erhöhte Entgelte auf den Deponien können mit Sicherheit ein gewisser Anreiz für eine verstärkte Verwertung sein, räumt der AVL-Geschäftsführer Tilman Hepperle ein. Der Abfallverwerter des Kreises folge jedoch schon jetzt gewissenhaft dem Vorrang des Recyclings – „die Verfahren dafür sind genauer geworden“ – allerdings müsse ein erheblicher Teil der Baurestmassen immer noch deponiert werden. „Wir müssen sie zum Schutz der Allgemeinheit dem Stoffkreislauf entziehen.“ Asbesthaltiger Schutt sei ein solches Beispiel. Stark steigende Entgelte könnten laut Hepperle zudem dazu führen, „dass Abfälle nicht den Deponien angedient werden, sondern schlimmstenfalls im Wald abgelagert werden“.

Warum braucht die AVL so große Flächen?

Die AVL favorisiert in dem von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten zur Standortsuche ein 45 Hektar großes Gelände bei Großbottwar, das von Landschaftsschutzgebieten umgeben ist. Und auch durch das 23 Hektar große Areal auf Hemminger Gemarkung, das beste landwirtschaftliche Böden aufweist, würde bei einer Gesamtmenge von jährlich 200 000 Tonnen Bauschutt starken Anlieferverkehr mit sich bringen. Geht es also nicht eine Nummer kleiner? Die AVL brauche für die reine Deponierung nicht die gesamte Fläche, aber sie müsse die Infrastruktur in der Anlage gewährleisten. Grundsätzlich sei eine Deponie erst ab 10 Hektar wirtschaftlich. Eine endgültige Aussage über die Größe der Erddeponie könne erst nach weiteren Untersuchungen getroffen werden, teilt Hepperle mit. Der AVL-Chef hatte bei der Info-Veranstaltung in Großbottwar der Stadt kürzlich eine mengenabhängige Pacht vorgeschlagen, sollte sie den Standort bewilligen.

Wäre eine längerer Deponiebetrieb am Standort Schwieberdingen erwünscht?

Der Bürgermeister Nico Lauxmann winkt ab. Seine Gemeinde erhält zwar für die im Jahr 2012 vereinbarte Deponieerweiterung um 2,82 Millionen Tonnen von der AVL jährlich 78 000 Euro, doch halte man am Ziel fest, die Deponie in zehn Jahren zu beenden. Mündlich sei 2012 vereinbart worden, die Deponie im Jahr 2025 zu schließen. Jetzt reagierten Kreis und AVL nicht auf den Schwieberdinger Kompromissvorschlag der zehnjährigen Frist seit 2021. Lauxmann gibt sich angesichts der aktuellen Standortdiskussion kämpferisch: „Jeder, der denkt, mit einer angedachten Verlängerung der Deponie Froschgraben eine sicherlich schwierige Entscheidung über einen Nachfolgestandort zu vermeiden, der irrt.“

Was sagt die AVL zu einem längeren Deponiebetrieb am Froschgraben?

Eine Laufzeit im wörtlichen Sinne haben Deponien nicht, teilt die AVL mit. Die Deponie Am Froschgraben habe ein genehmigtes Gesamtvolumen von 5,9 Millionen Kubikmetern. Erst wenn dieses Volumen vollumfänglich verfüllt sei, komme es zu einem Ablagerungsende auf der Deponie. Maßgeblich für die Laufzeit seien auch die jährlich angelieferten Abfallmengen.

Wo kommen Bodenaushub und Bauschutt her?

Kooperation
 Die AVL entsorgt im Auftrag des Verband Region Stuttgart freiwillig seit 2000 mineralische Abfälle aus der ganzen Region in Schwieberdingen und Horrheim. Zuletzt war der Vertrag 2019 um fünf Jahre verlängert worden. Jährlich 80 000 Tonnen bedeuten 40 Prozent des gesamten Aufkommens.

Wettbewerb
 Die AVL nimmt Bauschutt aus der Region, dem Land Baden-Württemberg und anderen Bundesländern auf eigene Rechnung an und erzielt damit hohe Erlöse. Die GmbH steht dabei im Wettbewerb mit anderen Deponien in Deutschland. Die AVL erhält unter anderem auch Bodenaushub von Stuttgart 21. .

Klimaschutz Völlig unbelasteter Bodenaushub fällt bei Erdarbeiten im Landkreis an und muss dort entsorgt werden. Kritiker fordern, dass dieser Aushub nicht deponiert, sondern verwertet wird. Zudem verlangt eine neue Mantelverordnung vom 23. August 2023 an mehr Recycling von Wertstoffen im Bauschutt.