Der Käsehändler Jürgen Borchardt bleibt dem Schmalzmarkt und seinen Stammkunden treu. Foto: Jürgen Brand
Auf dem Schmalzmarkt im Stadtteil Gablenberg ist es leer geworden. Weil zu wenige Kunden kamen, hat dort ein Anbieter nach dem anderen gekündigt. Einzig der Käsehändler Jürgen Borchardt bleibt dem Markt und seinen Stammkunden treu.
Jürgen Brand
22.01.2025 - 14:47 Uhr
„Das soll einst der Lieblingskäse von Napoleon gewesen sein!“ Jürgen Borchardt reicht etwas von dem pikant-cremigen Epoisses zum Probieren aus seinem Wagen heraus und lächelt verschmitzt. Der Schorndorfer verkauft seine teils ausgefallenen Käsesorten seit Jahrzehnten jede Woche auf dem Schmalzmarkt in Gablenberg. Aber es ist zuletzt sehr einsam um ihn herum geworden, denn eigentlich existiert der Wochenmarkt nicht mehr. In besten Zeiten gab es hier im Stuttgarter Osten bis zu acht Stände, Brot, Wurst, Fleisch, Fisch, Gemüse, Blumen, alles aus der Region, alles, was man so braucht, war im Angebot. „Aber es sind immer weniger geworden“, sagt Borchardt. Wegen des geringeren Angebots kamen immer weniger Kunden, deren Einkäufe reichten den verbliebenen Markthändlern dann auch nicht mehr. Deswegen steht Borchardt jetzt mittwochs alleine auf dem Schmalzmarkt.
Thomas Tennler aus Gablenberg hat deswegen einen Alarmruf an die im Bezirksbeirat Stuttgart-Ost vertretenen Parteien, an den Bezirksvorsteher, auch an die Stuttgart Märkte verschickt. Er meint, „dass hier kommunalpolitisches Engagement nötig ist“. Er verweist darauf, dass seit einem Jahrzehnt die Neugestaltung des Schmalzmarkts nicht in die Gänge komme und auf das Ladensterben in der oberen Gablenberger Hauptstraße. „Soll da auch noch der Wochenmarkt zwischen Vivaldi und Alter Schule vor die Hunde gehen?“, fragt er.
Einsam auf dem Schmalzmarkt: der Käsewagen von Jürgen Borchardt Foto: Jürgen Brand
Sprecher von drei der im Bezirksbeirat vertretenen Parteien haben ihm inzwischen geantwortet, Grüne, CDU und FDP. Alle versichern ihm, dass ihnen die Problematik bewusst, der Gablenberger Wochenmarkt auch schon wiederholt Thema im Bezirksbeirat gewesen sei. Offenbar werde der Markt immer weniger angenommen, es sei auch immer schwieriger, Marktbeschicker zu finden. Alle wollen sich für seinen Erhalt einsetzen.
Märkte Stuttgart GmbH: Resonanz der Bevölkerung fehlt
Bei der für die Wochenmärkte zuständigen Märkte Stuttgart GmbH war der Gablenberger Markt erst diese Woche Thema. „Leider ist die Kundenfrequenz in den letzten Monaten deutlich zurückgegangen, was dazu geführt hat, dass, bis auf den Käsehändler, alle Beschicker gekündigt haben“, sagt Geschäftsführer Thomas Lehmann. Vor zwei Jahren habe man das Sortiment in Gablenberg verbessert, „leider blieb aber die Resonanz der Bevölkerung aus“. Im vergangenen Jahr sei zusammen mit der Stadt eine Werbekampagne für den Markt gestartet worden, „leider ebenso mit wenig Erfolg“.
Der Gablenberger Thomas Tennler setzt sich für den Erhalt des Wochenmarkts ein. Foto: Jürgen Brand
Trotzdem will die Märkte Stuttgart Gablenberg nicht aufgeben. „Wir werden natürlich versuchen, wieder neue Beschicker auf den Markt zu bekommen“, sagt Lehmann. Das funktioniere allerdings nur, wenn von der Bevölkerung ein entsprechendes Interesse da sei. Thomas Tennler sieht die Ursache für die Misere allerdings nicht nur in mangelndem Interesse. „Viele hier, auch in meiner Nachbarschaft, wissen überhaupt nicht, dass es den Markt gibt.“
Ein anderer möglicher Grund für den Kundenschwund liegt – immer freitags – einen guten Kilometer vom Schmalzmarkt entfernt: der große Stuttgart-Ost-Wochenmarkt auf der Schönbühlstraße bei der Stadtteilbibliothek. Dort werden jeden Freitag 19 Stände aufgebaut, das Angebot reicht von Gemüse und Obst über Fisch, Wurst und Fleisch bis zu Trockenfrüchten und eingelegten Spezialitäten. Der Markt ist in der Regel gut besucht und für viele Ost-Einwohner ein fester Termin in ihrem Einkaufskalender.
Informationen über die Stuttgarter Wochenmärkte und die jeweiligen Händler sind im Internet zu finden: https://www.stuttgarter-wochenmaerkte.de/