Cannabis Sünde sein, heißt es gerne. Der Biobauer Felix Leyde aus Kernen-Rommelshausen verkauft Produkte aus Nutzhanf. Das ist legal, sorgt aber manchmal für Missverständnisse – nicht alle sind angenehm.

Zuffenhausen - Ob er ihr die getrockneten Hanfpflanzen für ihren Tee mitgebracht habe, fragt eine ältere Dame Felix Leyde. Hat er und gibt ihr eine Plastiktüte mit gewünschter Ware. Die Frau öffnet den Beutel, nimmt einen Atemzug, freut sich und kauft gleich noch drei Fläschchen Hanföl. Eine berauschende Wirkung hat allerdings nichts von alledem, das hier den Besitzer wechselt. Und doch erlebt der Bio-Landwirt aus Kernen-Rommelshausen nicht nur Positives, seit er im vergangenen Jahr mit dem Anbau von Nutzhanf begonnen hat. Nicht selten steht die Polizei auf der Matte.

 

Eine andere Kundin des samstäglichen Wochenmarkts auf dem Kelterplatz blickt misstrauisch auf den Strauß aus mehr als einem Meter hohen, getrockneten Hanfpflanzen. Felix Leyde hat ihn bewusst neben seinen Marktstand gestellt. Er möchte die Menschen aus der Reserve locken, man könnte sagen, er möchte ein bisschen provozieren. Denn tatsächlich unterscheidet Nutzhanf von verbotenem Cannabis, wie der lateinische Name lautet, lediglich der Gehalt des berauschenden Stoffs Tetrahydrocannabinol (THC). Die in der EU zugelassenen Nutzhanfsorten enthalten weniger als 0,2 Prozent THC, haben also keine berauschende Wirkung. Leyde wird gerne auf das Thema angesprochen, weil er über die Nutzpflanze und ihre Vorzüge aufklären möchte. Ein kritischer Blick eines Passanten reicht ihm, um proaktiv auf die Menschen zuzugehen.

Pflanzen sorgen immer wieder für Missverständnisse

Doch Felix Leyde kennt mehr als nur kritische Blicke. Seit der Bio-Landwirt mit dem Anbau von Nutzhanf begonnen hat, hat er einiges erlebt – nicht alles war angenehm. Felix Leyde spricht schnell, wenn er davon erzählt, wiederholt sich, kann sich bei dem Thema richtig in Rage reden, ohne jedoch verärgert zu wirken.

Seit 15 Jahren ist er Biobauer. Seit dem vergangenen Jahr sät er Hanf aus. Die uralte Kulturpflanze, die seit 1996 wieder in Deutschland angebaut werden darf, möchte er aus der Drogen-Ecke holen. „Die Leute haben Angst, dafür habe ich Verständnis. Aber sie müssen auch lernen, dass es eine Nutzpflanze ist“, sagt er. Er möchte seine Produkte nicht verstecken und doch fühlt der Biobauer sich manchmal kriminalisiert. Sei es, weil Eltern schon mal die Polizei gerufen haben, wenn Kinder auf seinem Feld Hanfblätter gepflückt und mit nach Hause brachten oder als ein Beamter seine Pflanzen beschlagnahmte, obwohl Felix Leyde seine Genehmigung dabei hatte.

Als ein Kunde des Wochenmarktes kürzlich mit den erstandenen Pflanzen das Hallenbad in Zuffenhausen betrat, kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung mit einem Angestellten woraufhin die Bäderbetriebe ein einjähriges Haus- und Badeverbot gegen den Kunden verhängten. Laut den Bäderbetrieben habe dieser nämlich den Angestellten beleidigt. Für Felix Leyde dagegen steht außer Frage, dass die Pflanze der Ursprung der Kontroverse war.

Für die Eltern habe er Verständnis, wünsche sich von öffentlicher Hand aber mehr Aufklärung, wenn schon Polizeibeamte überfordert seien. In dieser Kriminalisierung sieht er auch den Grund, warum er kreisweit der einzige Landwirt ist. „Die meisten lassen lieber die Finger davon“, sagt er. Auch Leyde hatte eigentlich nie die Absicht, Hanfprodukte anzubieten. „Ich wollte für die Remstal Gartenschau nächstes Jahr ein Hanflabyrinth schaffen“, sagt er. Dass er aus den bis zu vier Meter hohen Pflanzen auch Hanfsamen und Speiseöl herstellen könnte und dies für ihn lukrativer als sein Obst und Gemüse sei, war ihm zunächst nicht klar. Doch er hat sich beim Deutschen Hanfverband beraten lassen. „Die haben mir gesagt, ich könnte damit richtig Geld verdienen“, erklärt er. Sein Hanföl lässt Felix Leyde nun in einer lokalen Mühle herstellen.

Hanfanbau ist ein Randthema

Auf Nachfrage beim Landesbauernverband Baden-Württemberg heißt es, Hanfanbau sei ein Randthema. „Anfragen von Landwirten zu dem Thema erreichen uns fast nie“, sagt Pressesprecherin Ariane Amstutz. In Deutschland wird Nutzhanf aktuell auf mehr als 3000 Hektar angebaut. Zum Vergleich: Der Weltmarktführer China baute 2017 auf einer Fläche von 47 000 Hektar an.

Kerstin Stolzenburg vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg hat viele Jahre die Forschungsarbeiten zum Nutzhanf in Baden-Württemberg begleitet. Sie sagt: „Hanfanbau ist bei vergleichbarem Gewinn immer mit etwas höheren Auflagen verbunden, als der Anbau normaler Ackerfrüchte, was vielleicht etwas zur Zurückhaltung in dem Bereich führt. Zudem haben sich immer wieder auch THC-reiche Einzelpflanzen in den eigentlich THC-armen Beständen der Landwirte gefunden, die natürlich nicht von den Landwirten, sondern von speziellen Verbrauchern dort gesät und versteckt wurden.“ Wenn so etwas entdeckt würde, habe das letztlich für den Landwirt strafrechtliche Folgen.

Das Image von Hanf als Nahrungsmittel dürfte sehr gut sein, immerhin handele es sich „um sehr hochwertige Produkte mit sehr interessanten Fettsäurezusammensetzungen“. Felix Leyde wird an seinen Marktständen weiter über Nutzhanf informieren. Er hofft, dass sich irgendwann niemand mehr an den Pflanzen stört und seine Kunden sich keinen Auseinandersetzungen, wie jenen im Hallenbad, mehr stellen müssen.