Vor mehr als 40 Jahren hat Wilhelm Ramminger die ersten Tanzlokale in Stuttgart gegründet. Die hat er längst aufgegeben, arbeitet mit 79 Jahren aber immer noch als Koch.

Zuffenhausen - Wilhelm Ramminger hat sie alle nach Stuttgart geholt: Heino, Bata Illic, Tony Marshall, aber auch Cindy und Bert sangen in den 60ern und 70ern im Stuttgarter Gutshof an der Hackstraße. Das Tanzlokal betreibt der gebürtige Stuttgarter schon seit Jahrzehnten nicht mehr, er arbeitet aber immer noch als Koch. Tag für Tag steht er in der KSG-Gaststätte in Gerlingen hinterm Herd, obwohl er bald 80 Jahre alt wird.

 

Wie einer, der sich zur Ruhe setzen will, wirkt Wilhelm Ramminger tatsächlich nicht. Wenn viel los ist, flitzt er noch immer durch die Küche des Restaurants auf der Gerlinger Schillerhöhe und schnibbelt Bratkartoffeln, während er mit dem linken Auge auf die Soße aufpasst und mit dem rechten nach dem Braten im Ofen schaut. Er hat zwar eine Küchenhilfe, einen zweiten Koch hat er aber nicht eingestellt. Die 2000 bis 3000 Essen in der Woche kocht er mit 79 Jahren noch allein.

“Der will sich austoben, will tanzen und keine Ruhe geben“

Vor Kurzem war er auf dem 80. Geburtstag einer Verwandten. Es gab gegen zwölf Uhr Mittagessen, am Nachmittag Kaffee und Kuchen, und dann war alles vorbei. Für Ramminger wäre das nichts. „Der will sich austoben, will tanzen und keine Ruhe geben“, erzählt seine Frau Monika. Genau das wird er an seiner Geburtstagsparty im Februar auch bekommen. Es wird eine Band spielen und das Geburtstagskind wird tanzen wie früher – Rock ’n’ Roll.

Mit dieser Musikrichtung war der Start von Rammingers Karriere als Gastronom 1957 eng verbunden. Damals gründete er mitten in der Gründungszeit des Rock ’n’ Roll Stuttgarts erstes Tanzlokal, das Eldorado in Feuerbach. „Ich wollte als Kind immer Musik studieren. Das hat mich später inspiriert, ein Tanzlokal zu eröffnen“, erzählt der 79-Jährige.

Schlagerstars haben im Gutshof ihre ersten Auftritte

Live-Auftritte junger Musiker verbunden mit ordentlichem Essen, das er selbst kochte. Die Kombination funktionierte so gut, dass Ramminger noch mehr Clubs aufmachte: Erst den Roßstall und 1966 den Gutshof an der Stuttgarter Hackstraße, auf den vier weitere Tanzlokale mit gleichem Namen folgten – in Dagersheim, zweimal in Karlsruhe und in Wössingen. Während im Eldorado noch der Rock ’n’ Roll dominierte, sangen in den Gutshöfen eher die Vertreter der volkstümlichen Musik. Tony Marshall begann in den 70ern dort sogar seine Karriere. Nur 800 deutsche Mark hätte die Gage des Sängers damals betragen, erzählt Ramminger.

Erst als die jungen Leute zum Tanzen in die großen Discos statt in die Clubs gingen, musste sich der Gastronom aus Stuttgart von seinem Konzept verabschieden. Statt Tanzlokalen pachtete oder kaufte er seit den 80ern vor allem Gasthäuser, blieb aber ein rastloser Mensch. Immer wenn er sich an einem Laden sattgesehen hatte, zog er aus. Das Eldorado übergab er zum Beispiel an seine Schwester und den Gutshof und später die Weinstube „Zum Tröpfle“ in Zuffenhausen an seinen jüngeren Bruder Karl Ramminger. Er selbst suchte sich dann das nächste Projekt. Fast 30 Lokale hat er seit 1957 in ganz Süddeutschland betrieben. „Ich bin ein unruhiger Mensch und muss immer was Neues machen“, sagt er. Diese Einstellung hat ihn zwischenzeitlich bis nach Oberstaufen im Allgäu gebracht, wo er sieben Jahre lang das Kurhaus führte und einmal sogar den kompletten bayerischen Landtag bekochte. Die meisten seiner Gaststätten lagen aber in und um Stuttgart.

Ende des Jahres will Ramminger aufhören

Herausheben will er keine davon. „Nur beim Tröpfle ist das was anderes, da lass ich mich auch nieder, wenn ich hier aufhöre“, erzählt er. Es wird gar nicht mehr so lange dauern, bis sich Wilhelm Ramminger in seine Wohnung über der Weinstube in Zuffenhausen zurückziehen will. Seiner Frau hat er fest versprochen, dass er den Herd nach diesem Jahr ausschaltet.