Ob Nah- oder Fernverkehr: Wenn Züge ausfallen, sich stark verspäten oder Anschlüsse verpasst werden, kann auch bei einem Streik Entschädigung gefordert werden. Doch dafür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein und Fallstricke umgangen werden.

Bei einem Bahnstreik drohen Reisenden und Pendlern oft stundenlange Verspätungen durch Zugausfälle. Das ist ärgerlich und klaglos muss das niemand hinnehmen. Doch welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es und wie fordert man diese ein?

 

Welche Rechte haben Bahnreisende bei einem Streik?

Das Wichtigste vorneweg und in aller Kürze zusammengefasst:

  • Wer vom Streik betroffen ist und gar nicht mehr reisen will, kann sich sein Zugticket samt Sitzplatz-Reservierung kostenlos in voller Höhe erstatten lassen.
  • Wer wegen eines Streiks viel zu spät oder gar nicht an sein Ziel kommt, hat ein Recht auf Entschädigung. Die Deutsche Bahn und private Eisenbahnunternehmen bieten dafür ein Formular an. Dieses kann auf den Internetseiten der Unternehmen heruntergeladen werden. Für im Netz gekaufte Fahrkarten können Entschädigungsanträge auch online gestellt werden, zum Beispiel über die App "DB Navigator".
  • Die Bahn empfiehlt, sich Verspätungen immer von Mitarbeitenden des Unternehmens bestätigen zu lassen.

Gut zu wissen: Da an Streiktagen das Personal fehlt, fallen oft zahlreiche Zugverbindungen aus. An Bahnhöfen stranden schnell Tausende Passagiere. Wer mit der Bahn fahren will, muss auch Stunden nach dem Ende eines Streiks noch mit Ausfällen und Verspätungen rechnen.

Was macht man, wenn man eine Fahrkarte für einen angekündigten Streiktag gebucht hat?

Wenn klar ist, dass ein gebuchter Zug wegen des Streiks ausfällt, kann man das Ticket stornieren und das Geld in Form eines Gutscheins oder als Auszahlung zurückverlangen. Das gilt für die gesamte Reise, selbst wenn nur ein Teil davon betroffen sein sollte, also wenn etwa von drei gebuchten Zügen nur einer ausfällt. Die Bahn hat bei vergangenen Streiks zusätzlich Kulanz angeboten – zum Beispiel, dass Tickets flexibel und ohne Zugbindung an einem anderen Tag genutzt werden oder auch dann kostenfrei zurückgeben werden können, wenn ein angekündigter Streik ausfällt und die Fahrt doch stattfindet. Diese Regelungen könnten aber beim nächsten Streik nicht mehr gelten. Daher sollten Reisende immer auf der Internetseite des betroffenen Bahnunternehmens nachsehen.

Was macht man, wenn man an einem Streik-Tag unterwegs ist?

Ist ein Streik angekündigt oder findet er bereits statt, sollte man sich zuerst direkt beim betroffenen Bahn-Unternehmen erkundigen – also bei der Deutschen Bahn oder bei dem privaten Eisenbahnunternehmen, mit dem man fahren wollte. Bei Streiks versuchen die Unternehmen auf ihren Internetseiten darzustellen, auf welchen Verbindungen es Verspätungen und Ausfälle gibt und welche Alternativen sie bieten.

Falls man mit seiner gebuchten Verbindung nicht ans Ziel kommt, sollte man die Belege sammeln, bevor man die Reise abbricht oder man sich nach einer Alternative umschaut:

  • Die Bahn empfiehlt, sich Verspätungen immer von Mitarbeitenden des Unternehmens bestätigen zu lassen. Dafür hat das Unternehmen Verspätungsbescheinigungen vorbereitet. Das kann allerdings mühselig sein, wenn bei einem Streik Tausende Passagiere an einem Bahnhof gestrandet sind.
  • Im Zweifelsfall Fotos von Anzeigetafeln machen, auf denen die Verspätung oder der Ausfall des Zugs stehen. Zudem Screenshots von einer entsprechenden Information in der App oder auf der Internetseite des Eisenbahnunternehmens machen.

Mit diesen Belegen sowie einem ausgefüllten Fahrgastrechte-Formular des Eisenbahnunternehmens kann man anschließend im Internet oder in einem Servicecenter des Bahnunternehmens die Reise reklamieren. Die Deutsche Bahn bietet das Fahrgastrechte-Formular dort zum Herunterladen an.

Mittlerweile können für online gekaufte Tickets direkt im DB Navigator oder über die Internetseite der Bahn Entschädigungsanträge gestellt werden.

Wie kommt man doch noch an sein Ziel?

Im Nahverkehr hat die Deutsche Bahn in der Vergangenheit schon Taxifahrten von größeren Bahnhöfen aus für ihre Passagiere organisiert. Dann suchen Mitarbeitende der Bahn mehrere Passagiere mit identischen Fahrtzielen, um je ein Taxi voll zu machen. Wer auf eigene Faust nach einem Taxi sucht, muss mit Einschränkungen bei der Erstattung rechnen – nicht jede Taxirechnung muss das Eisenbahnunternehmen nachher erstatten. Manchmal ruft die Bahn dazu auf, dass auch Kunden des Nahverkehrs in Fernverkehrszüge einsteigen – diese dürfen dann in IC und ICE mitfahren.

Achtung: Gibt das Eisenbahnunternehmen den Fernverkehr nicht für alle frei, gilt folgende Regel: Haben Züge des Regional- und Nahverkehrs eine Verspätung von mindestens 20 Minuten, dürfen auch ICE und andere Züge des Fernverkehrs als Alternative genutzt werden. Die Kosten für etwaige Tickets werden erstattet.

Denkbar ist auch, dass das Eisenbahnunternehmen Sammelbeförderungen mit Fernbussen von einigen Bahnhöfen aus organisiert. Wer an einem Streiktag auf das eigene Auto umsteigt, sollte mehr Wegezeit durch Staus einplanen. Kosten, die durch die Nutzung eines Autos entstehen, werden nicht vom Bahnunternehmen erstattet.

Wer an einem Bahnhof strandet und wen die Bahn auch nicht auf anderen Wegen an sein Ziel bringen kann, dem muss das Unternehmen eine Unterkunft besorgen und auch den Weg dorthin sowie am nächsten Tag zurück zum Bahnhof organisieren. Wer auf eigene Faust ein Hotelzimmer in der Stadt bucht, sollte sich vorher unbedingt bestätigen lassen, dass das Bahnunternehmen an diesem Tag keine Fahrt mehr anbieten wird und auch keine Unterkunft für die Nacht stellt. Die Hotel-Rechnung sollte aufbewahrt werden, um sie später einzureichen.

Was macht man, wenn man wegen eines Streiks nicht zum Flughafen kommt?

Wichtig ist bei dieser Frage, wo die Bahntickets gebucht wurden. Bei Flügen mit einem so genannten Rail-and-Fly-Ticket ist die Airline der Ansprechpartner. Denn die Zugfahrt zum Flughafen und zurück nach Hause ist Teil der Flugbuchung. Die Airline muss also für Ersatzbeförderung sorgen. Wer seine Zugtickets zum Flughafen beziehungsweise zurück separat gebucht hat, muss auf eigene Faust nach Alternativen suchen. Am besten mit der Bahngesellschaft in Verbindung setzen, um Möglichkeiten zu klären.

Wann steht einem bei einem Streik eine Entschädigung zu?

Wer wegen eines Bahnstreiks nicht pünktlich an sein Ziel kommt, dem muss je nach Verspätung einen Teil des Fahrpreises oder sogar der komplette Fahrpreis erstattet werden. Wie hoch die Entschädigung ausfällt, hängt davon ab, wie verspätet man ans Ziel gekommen ist oder ob man die Fahrt komplett abgebrochen hat.

Ab 60 Minuten Verspätung am Endziel haben Bahnreisende Anspruch auf 25 Prozent Entschädigung des Fahrpreises, ab 120 Minuten 50 Prozent. Bei einer Verspätung von mehr als einer Stunde muss die Bahngesellschaft kostenlos Erfrischungen und Mahlzeiten anbieten, sofern diese im Zug oder im Bahnhof verfügbar oder lieferbar sind. Gibt es vom Unternehmen nichts und kauft man daher auf eigene Faust etwas ein, sollte man auch dieses Rechnung aufbewahren, um sie später erstattet zu bekommen.

Achtung: Bei Streiks von örtlichen Verkehrsgesellschaften wie Busunternehmen, U-Bahnen, S-Bahnen, Straßenbahnen gelten diese Bestimmungen nicht. Dort gibt es in der Regel keinen Anspruch auf Ersatzbeförderung oder Ticketpreiserstattung.