Es ist ein Skandal, dass der Zugfunk, der im Bahnverkehr Menschenleben retten kann, nicht immer und überall Priorität hat, kommentiert StZ-Autor Thomas Wüpper.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Allmählich wird klar, warum die Verantwortlichen beim Bund, seinen Aufsichtsbehörden und der Deutschen Bahn AG die gefährlichen Lücken im Zugfunk- und Notrufsystem des deutschen Schienenverkehrs wahlweise ignorieren, negieren oder verharmlosen. Denn es erhärtet sich der Verdacht, dass bei der Sicherheit von Millionen Zugreisenden seit Jahren immer mehr Abstriche gemacht werden, damit kommerzielle Mobilfunkbetreiber ihre Frequenzen unbeschränkt nutzen können und der Bund Milliardeneinnahmen für die Lizenzen bekommt.

 

Es ist vor allem ein politischer Skandal, dass der Zugfunk, der im Notfall viele Menschenleben retten kann, nicht immer und überall Priorität hat. Unglaublich, aber wahr: bis heute gibt es dafür keine strikte Vorschrift. Dabei sollte das Unglück von Bad Aibling allen Warnung genug sein. Auch dort gingen Notrufe ins Leere, die den tödlichen Zusammenstoß der Züge vielleicht noch hätten verhindern können. Jedes der mehr als tausend Funklöcher an deutschen Bahnstrecken könnte eine ähnliche Katastrophe mit verursachen. Muss es erst so weit kommen? Die Lücken im Notrufsystem sind kein Naturereignis und kein unvermeidbarer technischer Mangel, sondern nachweislich durch krasses Versagen und fatale Nachlässigkeiten der Politik, der Aufseher und Regulierer entstanden.