Bei der Zughunde-Veranstaltung jagen Menschen und Hunde als miteinander verbundenes Duo über Stock und Stein. Es ist nicht immer einfach, den Tieren die richtigen Kommandos beizubringen.

Sport: Jürgen Kemmner (jük)

Wenn Hunde permanent ziehen, kann das den Menschen am anderen Ende der Leine beim täglichen Gassigang ganz schön nerven. Hundetrainer verdienen nicht schlecht daran, wenn sie Tipps erteilen, etwa: Bleiben Sie stehen, sobald sich die Leine spannt und wenden Sie sich ab. Schauen Sie in die andere Richtung, bis der Hund aufhört. Dann sprechen Sie ihn freundlich an und wenn Sie seine Aufmerksamkeit haben, kann’s weitergehen.“ Melanie Steger ist eine der seltenen Ausnahmen, ihr ist es wichtig, dass ihre Hunde ziehen, und zwar kräftig. Nicht weil die 53-Jährige Hundeleinen-Testerin wäre oder ihre Armmuskeln trainieren will; die Frau ist beim Schwabentrail an diesem Wochenende in Malmsheim dabei. „Ich habe ein paar Jahre Pause wegen der Organisation gemacht“, erzählt die Frau aus dem Vorstand des ausrichtenden Vereins Dogsports and more, „aber nun will ich beweisen, dass man sowohl im Orga-Team mitarbeiten als auch am Wettbewerb teilnehmen kann.“

 

Schwabentrail heißt die Veranstaltung für Zughunde, die nicht wie die weltberühmten Huskys Schlitten über den Schnee ziehen, sondern die weniger publikumswirksam ihre Menschen entweder mit einem Mountainbike, einem ländegängigen Tretroller oder einfach zu Fuß hinter sich herziehen. Bereits zum siebten Mal finden die Zughunderennen in verschiedenen Klassen in Malmsheim statt, wo es über eine 4,7 Kilometer lange Strecke mit etlichen knackigen Höhenmetern geht. Gut 600 Hunde samt Besitzern werden am Samstag (Start 11 Uhr) und Sonntag (9 Uhr) erwartet, rund 90 Biker, 65 Scooterfahrer und 75 Läufer wollen sich miteinander messen und beweisen, dass sie mit ihren Hunden das schnellste Gespann bilden. Neben der Monoklasse haben sich auch 20 Gespanne angekündigt, die mit vier bis acht Hunden ins Gelände gehen.

„Es ist eine sehr anspruchsvolle Strecke“, erklärt Melanie Steger, „die Menschen auf einem Fahrzeug benötigen eine gute Technik, eine ordentliche Kondition und Angst sollten sie auch keine haben.“ Und die Hunde? Wozu müssen die Vierbeiner in der Lage sein, außer dass sie Spaß am Ziehen haben sollten, was aber wohl jedem Vertreter der Familie Caninae in den Genen liegt? Zunächst müssen sie den Unterschied zwischen rechts und links kennen, was bekanntlich selbst Individuen der Gattung Homo sapiens schwerfällt. „Schon im Welpenalter bringen wir den Tieren beim Gang im Freien die Richtungen bei“, sagt Melanie Steger. Der Befehl „haw“ heißt links, „gee“ bedeutet rechts; per Belohnung wird das richtige Verhalten antrainiert. Später kommen die Begriffe „links vorbei“ und „rechts vorbei“ dazu, weil beim Wettkampf auch überholt werden muss; auch das Kommando „stop“ ist wichtig. Und für den Endspurt lautet der Ruf: „Go home!“ Die Tiere werden zudem ans Geschirr gewöhnt und lernen, mit anderen Hunden zu kooperieren. „Junge Hunde wollen sich immer den älteren anschließen“, sagt die Hundeführerin aus Rutesheim, „da tun sich die wenigsten schwer.“

Diese Hunderassen sind bestens geeignet

Nun wissen selbst Katzenliebhaber, dass Hund nicht gleich Hund ist, und sich folglich nicht jeder eignet, vor einem Mountainbike herzurennen oder Gespanne zu ziehen. Ein Chihuahua mag noch so chic sein, ein Pudel noch so putzig, ein Dackel noch so drahtig – als Zughunde im Geschirr sind sie alle ungeeignet, da sie zu leicht und zu schwach sind. Huskys sieht man gelegentlich auch vor solchen Gefährten, aber in aller Regel kommen Vorsteh- und Jagdhunde zum Einsatz wie slowakischer Rauhbart und Rhodesian Ridgeback. Auch Labradore und europäische Schlittenhunde sind geeignet, also Vierbeiner, die eine Höhe von 50 bis 60 Zentimetern aufweisen. „Das Wichtigste ist aber“, bemerkt Melanie Steger, „der Hund muss Spaß am Ziehen haben. Man merkt aber ziemlich schnell, wenn das nicht der Fall ist.“

Bernhardiner mögen kräftig genug sein, sind aber zu massig; die Wettrennen würden ihnen sehr auf die Gelenke gehen. Und noch etwas schließt die Schwergewichte aus: Ihr Fell ist zu dicht, denn für die Hunde ist der Schwabentrail harter Sport – der Körper wird belastet, und weil Hunde nicht schwitzen, sondern ihre Temperatur durch Hecheln ausgleichen, würden sie die Sprints nicht verkraften. Der Tierschutz gilt auch hier als oberste Instanz. Bei mehr als 16 Grad Celsius herrscht Startverbot, ab 13 Grad werden die Strecken verkürzt, um die Tiere zu schonen. „Wir beobachten die Wetterbedingungen genau“, sagt Melanie Steger und erwähnt, dass bei jeder Veranstaltung ein Tierschutzbeauftragter sowie ein Tierarzt mit an der Strecke sind, der Hunden im Extremfall Startverbot erteilt oder sie aus dem Rennen nimmt.

Das Wetter spielt eine wichtige Rolle

Für den Schwabentrail dürfte das Wetter passen, die Fünf-Grad-Marke sollte kaum überschritten werden, aber eine kleine Änderung könnte den Hunden dennoch zu schaffen machen – die Strecke wurde leicht verändert. Es könnte passieren, dass Vierbeiner, die schon mehrfach durchs Gelände bei Malmsheim gejagt sind, aus Gewohnheit bei einigen Passagen den alten Weg einschlagen wollen. Dann ist der Mensch gefragt, durch präzise Kommandos eine Havarie zu vermeiden. Nicht dass der Hund links um den Baum will, der Mensch aber rechts. „Das Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier ist entscheidend“, sagt Melanie Steger. Übrigens: Ihre Hunde ziehen zwar liebend gerne, aber sie beherrschen auch ein anderes, immens wichtiges Kommando: bei Fuß!