Zugunglück bei Bad Aibling Führte Sand zum Versagen des Zwangsbremssystems?

Auf der Gleisstrecke, wo am Dienstag das schwere Zugunglück passierte, ist ein automatisches Bremssystem installiert, um Kollisionen zu verhindern. Hat Sand auf den Schienen diese Bremsfunktion ausgeschaltet?
Berlin - Für Karl-Peter Naumann bleibt die Bahn ein sicheres Verkehrsmittel. Das schwere Zugunglück in Bayern hat aber auch den Ehrenvorsitzenden des Fahrgastverbands Pro Bahn schockiert. „Die Technik an der Strecke und im Zug sollte solch eine Katastrophe verhindern“, sagt er. Bis gesicherte Erkenntnisse der Aufsichtsbehörde und Staatsanwälte vorliegen, könnte einige Zeit vergehen. Die Ermittler hoffen, dass die Auswertung der Blackboxen in den Zügen mögliche technische Defekte zeigt. Naumanns Verdacht: Sand auf den Gleisen könnte zur Fehlfunktion des automatischen Kontrollsystems geführt haben, das in Deutschland sichere Bahnfahrten garantieren soll. Bereits 2008 verursachte Sand auf den Gleisen eine Zugkollision in Recklinghausen, bei der die Lokführer schwer verletzt wurden.
Zusammenstöße wie in Bayern soll die sogenannte punktförmige Zugbeeinflussung (PZB) unterbinden, die seit 2012 auf allen Strecken der DB Netz Mindeststandard ist. Vereinfacht gesagt überwacht dieses elektronische System über Gleis- und Zugmagneten, wo und wie schnell Züge auf einzelnen Netzabschnitten fahren. Übersieht ein Lokführer ein rotes Signal oder fährt zu schnell, ändert sich die Spannung, und der Zug wird automatisch gebremst.
System hätte Züge bremsen müssen
Die eingleisige, elektrifizierte Nebenstrecke der Mangfalltalbahn ist mit PZB 90 ausgerüstet, die Zahl steht für die aktuelle Betriebsversion. „Das System hätte diese Züge bremsen müssen, die im gleichen Gleisabschnitt aufeinander zufuhren“, sagt Naumann. Es ist noch vor einer Woche von der DB Netz kontrolliert worden. Doch der Zug Richtung Westen startete im Kreuzungsbahnhof Kolbermoor, wo sich sonst beide Fahrzeuge treffen, obwohl der Zug aus Bad Aibling noch nicht da war. Gab es kein rotes Signal? Gab es Fahrplanänderungen? Oder meldete das System, dass das Gleis Richtung Westen frei sei?
Genau diese Falschmeldung verursachte die Kollision vor acht Jahren in Recklinghausen, wie der Unfallbericht der Eisenbahn-Unfalluntersuchungsstelle (EUB) des Bundes belegt. Ursache demnach: Sand auf den Gleisen, der häufig automatisch über spezielle Einrichtungen an Bord gestreut wird, damit besonders leichte Züge auf rutschigen Gleisen besser anfahren und bremsen können. Das Problem: „Der Sand kann später dazu führen, dass das PZB Gleisabschnitte nicht mehr richtig erkennt, trennt und sichert“, sagt Naumann. Das EUB empfahl deshalb nach dem Unfall in Recklinghausen dringend, dass Fahrdienstleister informiert werden müssen, wenn Sandstreueinrichtungen bei bestimmten Fahrten bedient werden. Später wurden die Anweisungen noch verschärft.
Auch die Technik hätte versagen können
Auch die Technik an Bord der erst wenige Jahre alten Pendlerzüge des Herstellers Stadler könnte versagt haben, wird spekuliert. Die Bayerische Oberlandbahn (BOB), die zum französischen Verkehrsunternehmen Transdev (früher Veolia Verkehr) gehört, hatte beim Start der neuen Flotte mit einigen teils sicherheitsrelevanten Störungen zu kämpfen, die aber ausgeräumt sein sollen. Beide Lokführer haben das Unglück offenbar nicht überlebt, schon deshalb verbieten sich Spekulationen über mögliches menschliches Versagen.
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