Eine Stadt wie Stuttgart hat mit dem neuen Frauenhaus die Chance, beim Thema häusliche Gewalt deutlich Stellung zu beziehen, kommentiert Hilke Lorenz. Und zwar für die Frauen.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Es ist eine der Fragen, die Frauen immer hören, wenn sie sich in einer Trennungssituation befinden. Warum bist du nicht schon viel früher gegangen? Oder auch: Warum bist du zurückgegangen, obwohl er dich schlägt? Die Frage ist für Außenstehende vielleicht verständlich. Wer in der Beratungsarbeit Frauen gegenübersitzt, die Gewalt in ihrer Partnerschaft erleben, dem ist klar: So einfach ist die Welt nicht. Da ist die Dynamik von Gewaltbeziehungen, das Hoffen, dass alles doch wieder gut wird. Und da ist die Frage: wohin?

 

Das Projekt, das der Verein Frauen helfen Frauen seit mehr als zehn Jahren realisieren möchte, gibt eine Antwort auf beide Fragen. Das Konzept für das neue Frauenhaus soll künftig auf zwei Beinen stehen. Es soll besonders gefährdeten Frauen und ihren Kindern weiterhin anonyme Schutzräume bieten. Aber es will auch, und das ist neu, an einem zweiten Standort mit mehr Plätzen für nächtliche Notaufnahmen ein – immer noch gut gesichertes – Haus sein, dass aber deutlich sichtbar mitten im Quartier steht.

Botschaft in die Gesellschaft

Deshalb sind die Fragen der zugegeben komplizierten Finanzierung nur das eine. Sie gilt es nun schnell und fristgerecht zu klären. Das viel Wichtigere ist jedoch die Botschaft, die eine moderne Großstadt wie Stuttgart mit dem Bau des neuen Frauenhauses in die Stadtgesellschaft entsenden würde: Häusliche Gewalt ist kein gesellschaftliches Tabu. Das Haus würde deutlich sichtbar Partei ergreifen für die betroffenen Frauen. Denn nicht sie sind es, die sich verstecken müssen. Sondern die Täter.