Ein Innovationskongress des Stuttgarter Kulturamtes beschäftigt sich mit der Zukunft der klassischen Musikinstitutionen.

Stuttgart - Kulturpolitik heute ist Zukunftspolitik“: Der Satz stammt von dem Kulturwissenschaftler Martin Roth, einem gebürtigen Stuttgarter, und er ziert das Vorwort der ersten „Stuttgarter Texte zur Zukunftsforschung“, die das Kulturamt Anfang 2017 in einem schmalen, komprimierten Buch mit dem Titel „Zukunftslabor Kulturamt“ veröffentlicht hat. Die baden-württembergische Landeshauptstadt sei, formuliert die Kulturamtsleiterin Birgit Schneider-Bönninger hier, ein „Hotspot für Moderne und Zukunft“. „Stuttgart definierte und definiert sich aus der Kultur heraus“, schreibt sie wenig später. Bringt man beide Aussagen zusammen, dann weiß man, warum ein „Innovationskongress“, wie er an diesem Samstag im Planetarium stattfinden wird, ein sinnvoller, unabdingbarer Bestandteil des Nachdenkens über die Stadt der Zukunft ist.

 

„Zukunftslabor Musik“ ist schlicht deshalb das Thema des Kongresses, weil die – in dieser Art übrigens deutschlandweit einzigartige – Stuttgarter Zukunftsforschung mit dem Bereich der klassischen Musik begonnen hat, speziell mit dem Orchester der Landeshauptstadt, den Stuttgarter Philharmonikern. Die werden jetzt auch zu Wort kommen und erste Ergebnisse ihres Leitbildprozesses wie von Befragungen und Untersuchungen unterschiedlicher Zuschauergruppen vorstellen. Dabei geht es um Schwerpunkte, um neue Konzertformate und Musikvermittlung ebenso wie um die Zukunft der analogen (Live-)Präsentation, außerdem um Räume und um Vernetzungen mit anderen Künsten und Institutionen – womit auch schon die Themen des langen Kongresstages grob skizziert wären. Digitalisierung, „Best Practice“ (also erfolgreiche Präsentations- und Vermittlungsformen), Vernetzung („Musik als Gesamtkunstwerk“), Konzertformate und „Das Konzerthaus der Zukunft“ sind die Tagesordnungspunkte, zu denen unter anderen der Leiter der Donaueschinger Musiktage, Björn Gottstein, die Intendantin der Hugo-Wolf-Akademie, Cornelia Weidner, die Rektorin der Stuttgarter Musikhochschule, Regula Rapp, und der Geschäftsführende Orchesterdirektor des SWR-Symphonieorchesters, Felix Fischer, Impulsreferate geben. Außerdem werden der Zukunftsforscher Alexander Mankowsky und der Leiter der Berliner „Forschungsstelle Appmusik“, Matthias Krebs, Vorträge halten.

Das Kulturamt als Verwalter des kulturellen Erbes

Muss man das Konzert neu erfinden? Aber nein, sagt Birgit Schneider-Bönninger. „Wir als Kulturamt sehen uns auch als Verwalter des analogen Moments, des kulturellen Erbes, und das wird so bleiben.“ Natürlich müsse es ein Ziel sein, neues, junges Publikum auch für die klassische Musik zu gewinnen, aber das heble keineswegs die traditionellen Live-Konzerte aus. Im Gegenteil: Bei der Zusammenarbeit mit Studentengruppen habe man überrascht festgestellt, dass gerade die so genannten „Digital Natives“ analoge Formate wieder schätzen – auch wegen der direkten menschlichen Kommunikation, die mit diesen einhergehe. Einen Dirigenten erleben zu können, der nach dem Konzert mit Zuschauern über die Musik spricht: Das hat offenbar auch bei jungen Menschen einen hohen Wert. Ausgedient, so Schneider-Bönninger, habe allerdings die Idee eines Konzerthauses als abgehobener Musentempel – gewünscht werde heute vielmehr „ein Gesamterlebnis“, ein Haus mit Aufenthaltsqualität, wo man sich begegnen und austauschen könne.

Im übrigen heiße die Veranstaltung zwar Innovationskongress, stelle aber vor allem die bereits erzielten „partizipativen Ergebnisse“ zur Diskussion, wolle anregen, Prozesse und Vernetzungen anstoßen – und solle eine Initialzündung sein für ähnliche Diskurse in den anderen Kunstdisziplinen, die noch in diesem Jahr im Bereich Film („mit Blick auf ein neues Haus für Film und Medien“) beginnen sollen. „Fest steht“, so Birgit Schneider-Bönninger, „dass es in allen Sparten zukünftig immer um Öffnungen und Grenzüberschreitungen gehen wird.“

Termin Sa, 9-22 Uhr, Planetarium Stuttgart. Anmeldung erforderlich unter 07 11 / 216-89015)