Vorerst wird es beim Rüsselsheimer Autobauer um Kostensenkung gehen, danach kommen neue Märkte in den Blick

Rüsselsheim - Carlos Tavares redete nicht um den heißen Brei herum. „Die Lage bei Opel ist dramatisch“, sagte der Chef des französischen PSA-Konzerns, der zum 1. August den Rüsselsheimer Autobauer übernommen hat. Gleichzeitig aber zeigten sich Tavares und der neue Opel-Chef Michael Lohscheller zuversichtlich, dass man nun mit dem Zukunftskonzept „Pace“ bis 2020 alle Lücken schließen könne. Es sei beachtlich, in welchem Tempo Lohscheller und sein Team dieses neue Konzept auf die Beine gestellt hätten, lobte der PSA-Chef. Gleichzeitig erinnerte er aber auch daran, dass es jetzt darum gehe, dieses Konzept auch umzusetzen.

 

Hier hatte Lohscheller eine gute Nachricht für die Beschäftigten parat. Vorerst jedenfalls seien weder betriebsbedingte Entlassungen noch Werksschließungen geplant. Und auch wenn man die Kosten senken müsse – um 700 Euro je Auto – und die Gewinnschwelle künftig schon bei 800 000 Autos pro Jahr liegen solle, plane man nicht nur mit dem Rotstift. „Wir wollen wieder wachsen“ sagte Lohscheller. Bisher produziert Opel knapp 1,2 Millionen Autos pro Jahr, steckt aber dennoch seit 1999 ununterbrochen in den roten Zahlen. Spätestens 2020 aber soll die Umsatzrendite bei zwei Prozent liegen, sechs Jahre später dann bei sechs Prozent.

Wachstum soll aus neuen Märkten kommen

Dazu wird Opel auf der einen Seite künftig seine Autos auf der Basis von PSA-Systemen bauen. „Die werden aber durch deutsche Technologie und deutsches Design die bewährten Opel-Merkmale behalten“, betonte Lohscheller. Und für die Schwester Vauxhall gelte dasselbe – die Briten würden auch weiterhin eine britische Marke mit deutscher Technologie bleiben. Wie das gelingen kann, wenn die Basis für künftige Modelle von PSA kommen wird, ließen die beiden Manager offen. Die Lösung dafür werden wohl die Ingenieure des Technischen Entwicklungszentrums in Rüsselsheim finden müssen, denn dort sollen auch künftig die Opel-/Vauxhall-Modelle geplant werden.

Das Wachstum, auf das Tavares und Lohscheller hoffen, soll dann vor allem aus neuen Märkten kommen. Bisher war das Absatzgebiet von Opel durch die ehemalige Mutter General Motors beschränkt gewesen. Nun aber stehe Opel die Welt offen. Man wolle das gemeinsame Unternehmen zum „europäischen Champion“ machen, wie Tavares wiederholte. Bis 2022 werde der Autobauer auf mehr als 20 weiteren Exportmärkten tätig sein, kündigte Lohscheller an. „Opel wird global werden – endlich.“

Corsa auch als reines Elektroauto

Bis Mitte des kommenden Jahrzehnts will Opel mehr als zehn Prozent des Absatzes mit Exporten machen. Bis 2020 seien neun neue Modelle geplant: So etwa der Opel Combo 2018 und der neue Corsa 2019. Der Kleinwagen soll auch als reines Elektroauto gebaut werden. Zudem will der Autobauer höhere Preise durchsetzen.

Vorerst aber geht es darum, den Konzern wieder auf Augenhöhe mit der Konkurrenz zu bringen. So sei Opel derzeit nicht in der Lage, die Grenzwerte für Kohlendioxid in der EU für 2021 von 95 Gramm je Kilometer einzuhalten und stünde vor Strafzahlungen. „Die gilt es zu vermeiden“, mahnte Tavares. Erst am Mittwoch hatte die EU-Kommission eine weitere Verschärfung der CO2-Grenzwerte bis 2030 angekündigt, um die Autobauer zu mehr Klimaschutz zu zwingen. Das Opel-Management werde nicht vor unpopulären Entscheidungen zurückschrecken, sagte der PSA-Chef. Doch am Ende könne Opel dadurch ein gesundes Unternehmen mit eigener Investitionskraft werden.

Schlankere Produktion und weniger Kosten

Durch eine schlankere Produktpalette, eine kostengünstigere Produktion sowie einen gemeinsamen Einkauf will Opel/Vauxhall bis 2020 jedes Jahr 1,1 Milliarden Euro Kosten einsparen. So soll ein operativer Gewinn in Höhe von zwei Prozent des Umsatzes erreicht werden. Danach sollen es sogar 1,7 Milliarden Euro jährliche Einsparungen sein, wie Lohscheller erklärte.

Schneller als ursprünglich geplant, werden die Rüsselsheimer ihre komplette Modellpalette auf PSA-Basis umstellen. Bei den Franzosen werde immerhin um rund 50 Prozent kostengünstiger produziert, hatte Tavares mehrfach betont. Dabei werden auch zwei bereits geplante Modelle, die noch auf der Technik des früheren Eigners General Motors basieren, in den Werken Eisenach und Rüsselsheim durch neue Projekte auf PSA-Plattformen ersetzt.

Für Opel bleibt zudem die Kompetenz beim Bau neuer Elektroautos. Jeder neue E-Opel soll im Rüsselsheimer Entwicklungszentrum geplant werden. Allerdings soll auch bei dieser Technologie auf die Kenntnisse der Franzosen zurückgegriffen werden. Im Jahr 2020 will Opel mit PSA-Technologie bereits vier Elektro-Modelle inklusive des neuen Corsa auf dem Markt haben – und vier Jahre später jedes Modell auch in einer E-Variante anbieten können. Dann soll es keine Fahrzeuge auf GM-Basis mehr im Programm geben.