„Zukunftstag“ der Metaller Nur noch zwei statt fünf Sonderzahlungen
Südwestmetall und IG Metall wollen gemeinsam zur Bewältigung der Transformation beitragen. „Still und heimlich“ ersinnen sie Neuerungen – auch für das Weihnachts- und Urlaubsgeld.
Südwestmetall und IG Metall wollen gemeinsam zur Bewältigung der Transformation beitragen. „Still und heimlich“ ersinnen sie Neuerungen – auch für das Weihnachts- und Urlaubsgeld.
So umstritten der Weg durch die Transformation sein mag – die Sozialpartner lassen sich nicht auseinander dividieren. Das ist die Botschaft des „Zukunftstags der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg“ von Südwestmetall und IG Metall, die fernab öffentlicher Konflikte auch noch Ergebnisse liefern. „Bei allen unterschiedlichen Interessen sind wir in der Lage, als Gestalter aufzutreten“, betont die Bezirksleiterin Barbara Resch.
Schon der Titel soll Hoffnung machen, „weil die Zeit von schlechten Aussichten geprägt ist“, wie sie meint. „Alle im Raum wissen über die schwierige Situation Bescheid“, sollen aber auch „mit guten Impulsen in die Betriebe gehen“. Was nicht gebraucht werde, seien Abbauprogramme. „Damit kommt kein Optimismus zustande, sondern es frustriert die Leute noch mehr“, so Resch.
Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands, Oliver Barta, legt kurz den Finger in die Wunde: Seit mehr als drei Jahren befinde sich die Metallindustrie „im Rückwärtsgang“. Bundesweit sind allein seit Juli 2024 rund 110 000 Arbeitsplätze verloren gegangen, davon gut 28 000 im Südwesten. „Es pressiert wie die Sau – wir müssen jetzt loslegen, dass wir die Transformation hinkriegen.“ Doch kommt auch Barta rasch auf das Verbindende: „Wir nehmen unsere Rolle als Sozialpartner verantwortungsvoll wahr – was wir können, wollen wir auch tun.“
Ausgangspunkt des Zukunftstags ist eine „Gesprächsverpflichtung“ aus dem Tarifabschluss von November 2024. Seither wurden, wie betont wird, „in konstruktiven Beratungen“ neue Instrumente entwickelt. Genannt wird der bereits im Frühjahr auf den Weg gebrachte Tarifvertrag zum regionalen Personaleinsatz, der über Betriebsgrenzen hinweg eine leicht handhabbare Arbeitnehmerüberlassung ermöglicht. Dies soll helfen, dass Betriebe mit Überkapazitäten Kräfte an Betriebe mit Personalbedarf abgeben. Zudem können Beschäftigte unbürokratisch in einen anderen Betrieb hineinschnuppern. Bisher machen mehr als 20 Unternehmen mit und „zeigen die Praxisrelevanz des Modells“, das Schule machen möge, wie Barta hofft.
Auch die Qualifizierung und Weiterbildung steht auf der Agenda, weil sie Resch zufolge in der Transformation zu kurz kommt. Die Tarifparteien stellen den Betrieben einen Mustertarifvertrag zur Verfügung. Er kann abgeschlossen werden, wenn das Qualifizierungsgeld – eine noch neue Förderung der Bundesagentur für Arbeit – als staatliche Unterstützung genutzt werden soll.
„Still und heimlich wurde die Gesprächsverpflichtung gut abgearbeitet“, sagt die Bezirksleiterin erfreut. Quasi im Nebensatz serviert sie eine interessante Neuigkeit: die geplante Vereinfachung der Sonderzahlungen. Seit Jahren nehmen sich beide Seiten vor, die Komplexität der Tarifregelungen zu reduzieren. „Da wollen wir uns noch heranwagen.“ Dies sei schwieriger, weil „jeder die Befürchtung hat, dass es jetzt an Inhalte geht – aber auch da sind wir auf einem guten Weg“.
Bisher gibt es neben Weihnachts- und Urlaubsgeld noch das tarifliche Zusatzgeld (T-ZUG A) mit der Wahloption von bis zu acht freien Tagen im Jahr. Hinzu kommen der Zusatzbetrag (T-ZUG B) und das Transformationsgeld (Trafobaustein). Aus diesen fünf Zahlungen sollen – als optionale Lösung für die Betriebsparteien – dem Vernehmen nach nur noch zwei gemacht werden: das Urlaubsgeld im Juni und das Weihnachtsgeld im November. Die Umstellung soll aufkommensneutral erfolgen, denn die jeweilige Gesamtsumme hat Bestand. Auch die diversen Zweckbestimmungen bleiben erhalten. In den Details ausgearbeitet soll das Konzept demnächst präsentiert werden.
Darüber hinaus liefern die Tarifpartner Leitfäden für firmenspezifische Ergänzungs- und Zukunftstarifverträge. Ein altes Instrument, der „Pforzheim-Vertrag“ von 2004, erlebt gerade eine Renaissance. Das Abkommen ermöglicht befristete betriebliche Abweichungen vom Flächentarif und wurde längst in den Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung (TV Besch) integriert. Eine „hohe zweistellige Zahl“ der 670 Mitgliedsunternehmen, schätzt der Verband, nutzt klassische Pforzheim-Verträge. „Damals galt Deutschland als kranker Mann Europas“ erinnert Barta. Heute sei das Pforzheim-Abkommen „aktueller denn je“ und ein „gutes Beispiel, wie sich Sozialpartner in diesen Zeiten aufstellen können“.
Dann kommen vier Betriebe zu Wort, wo die Transformation im Schulterschluss von Vorstand und Betriebsrat bewältigt wird. Der Geschäftsführer der Maschinenfabrik Alfing Kessler (Aalen), Konrad Grimm, unterstreicht den Wert einer „offenen Unternehmenskultur“ – man müsse „die Leute abholen und sie für Veränderungsprozesse gewinnen“. Es habe immer wieder geruckelt, „aber zum Schluss haben wir es gemeinsam hingekriegt“, ergänzt der Betriebsratsvorsitzende Klaus Vaas. Beteiligungsprozesse hätten dazu geführt, das nötige Vertrauen aufzubauen. Iveco-Personalvorstand Sascha Breitscheidel bekennt: „Wir haben alle Probleme, die man sich vorstellen kann, aber wir ziehen alle an einem Strang.“ Und Martin Holder unterstreicht aus Sicht des Vorstands von Wafios (Reutlingen) den Weg der ehrlichen Kommunikation: „Die Unternehmensleitung spielt immer mit offenen Karten.“