Der Autozulieferer ZF aus Friedrichshafen gehört nach der Übernahme des US-Konkurrenten zu den weltweiten Branchenriesen. Der Getriebehersteller will weiter wachsen.

Stuttgart - Der Zulieferer ZF hat die Verschuldung, die durch die Akquisition des US-Konkurrenten TRW in die Höhe geschnellt war, bereits „substanziell verringern“ können, sagte Finanzvorstand Konstantin Sauer bei der Vorlage der Bilanz in Stuttgart. Für 12,4 Milliarden Dollar hatte der Hersteller von Getrieben und Fahrwerkkomponenten aus Friedrichshafen TRW im vergangenen Jahr übernommen. „Dass wir so schnell bereits 1,4 Milliarden Euro unserer Nettofinanzverbindlichkeiten abbauen konnten, zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg“, urteilte Sauer. Insgesamt 450 Millionen Euro musste das Stiftungsunternehmen 2015 an Zinsen aufwenden – „im Wesentlichen“ für das TRW-Geschäft. Auch 2016 will der Finanzchef „konsequent“ an der Reduzierung der Schulden arbeiten. Ende 2015 lag die Nettoverschuldung bei 7,4 Milliarden Euro.

 

Die Integration der neuen Aktivitäten – bei ZF ist es der Geschäftsbereich aktive und passive Sicherheitstechnik – werde noch Jahre dauern, sagte ZF-Chef Stefan Sommer. Bei der Zusammenlegung von Vertrieb und Einkauf habe es schnelle Erfolge gegeben. Die Akzeptanz der Kunden sei hoch. Als große Herausforderung bezeichnete Sommer die Schaffung eines gemeinsamen Management-Systems. Durch die Übernahme hat ZF, dessen Anteile von zwei Stiftungen gehalten werden, sich neue Geschäftsfelder wie Sensorik, Vernetzung und autonomes Fahren erschlossen. Doch automobile Großserien sowie die Mechanik sollen auch künftig eine große Rolle spielen. „Wir wollen die Produktion an allen deutschen Standorten erhalten“, sagte der Vorstandschef. Zwischen 90 und 95 Prozent des Umsatzes entfielen aktuell noch auf die „alte Welt“, wozu Sommer auch Sicherheitssysteme rechnet. Autonomes Fahren und Elektromobilität spielten beim aktuellen Konzernumsatz noch eine recht geringe Rolle; dies dürfte sich so schnell auch nicht ändern.

Gespräche über Beschäftigungssicherung am Stammsitz

Dass es Sommer mit dem Erhalt der Werke ernst meint, hat er im vergangenen Jahr an den Standorten Schweinfurt/Franken, Eitorf/Nordrhein-Westfalen und Ahrweiler/Rheinland-Pfalz bewiesen. Dort wurden neue Aktivitäten angesiedelt – etwa der Bereich Elektromobilität in Schweinfurt – und mit Zugeständnissen der Belegschaften die Beschäftigung teilweise bis Ende 2022 gesichert. Auch am Firmensitz Friedrichshafen wurden nun entsprechende Gespräche aufgenommen. Der Standort steht vor Problemen, weil ein wichtiger Kunde – die VW-Tochter MAN nimmt den Großteil der Getriebe ab – seine Verträge bis Anfang der 2020er Jahre auslaufen lässt. Neue Kunden sollen nun die Lücke ausfüllen. Insgesamt 8600 Mitarbeiter beschäftigt ZF am Stammsitz. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre seien 1200 Stellen am Standort geschaffen worden, heißt es. Doch der Aufbau fand nicht in der Produktion – dort sind derzeit 5000 Mitarbeiter tätig – statt, sondern in der Verwaltung sowie in der Forschung und Entwicklung.

Und am Standort Passau, wo Getriebe für Land- und Baumaschinen hergestellt werden, sei die Lage konjunkturell bedingt nicht zufriedenstellend, so Sommer. Einen Personalüberhang gebe es aber nicht, fügte er hinzu. Ende 2015 habe es dort einige Schließtage gegeben. Zuletzt habe sich die Lage durch Aufträge im Bereich Landmaschinen verbessert, sagte Sommer.

ZF-Chef ist zuversichtlich

Für das laufende Jahr ist der ZF-Chef zuversichtlich gestimmt. Er erwartet einen Umsatz zwischen 35 und 36 Milliarden Euro. Organisch werde der Zuwachs bei fünf Prozent liegen, so Sommer. Die Ebit-Marge – das Ergebnis vor Steuern und Zinsen im Verhältnis zum Umsatz, bereinigt um Sondereffekte – soll zwischen fünf und sechs Prozent liegen (Vorjahr: 5,4 Prozent). In Europa rechnet Sommer mit einem moderaten Wachstum. Gedämpft sind seine Erwartungen für die USA. China wachse mit reduzierter Dynamik weiter.

ZFhat sich neu aufgestellt

Mit einem Umsatz von knapp 30 Milliarden Euro gehört ZF nun zu den größten Zulieferern der Welt. Das Stiftungsunternehmen hat sich im vergangenen Jahr durch Zu- und Verkäufe deutlich verändert; ein Vergleich der Zahlen des Konzerns mit dem Vorjahr ist deshalb wenig sinnvoll. Die Ergebnisse von exakt 300 Gesellschaften fließen mittlerweile in die Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Bilanz von ZF ein, 21 davon befinden sich im Inland, 279 im Ausland.

Den größten Schub brachte ZF die Übernahme des US-Konkurrenten TRW. Angekündigt wurde der Zukauf bereits 2014; im Zahlenwerk von ZF enthalten ist der US-Konzern seit dem 15. Mai 2015. Zu diesem Zeitpunkt lagen alle behördlichen Genehmigungen vor. Konkret entfällt vom Konzernumsatz knapp 8,8 Milliarden Euro auf die TRW-Übernahme. Auch im nächsten Jahr wird es noch einen TRW-Effekt geben (Zeitraum vom 1. Januar bis zum 15. Mai). ZF hat noch eine weitere Übernahme getätigt: das Industrie- und Windgetriebegeschäft von Bosch Rexroth. Dies Bereich wird seit 15. November konsolidiert.

Die Übernahme von TRW hatten die Behörden mit Auflagen verbunden. So musste sich ZF von der Beteiligung an ZF Lenksysteme trennen (Bosch und ZF hielten jeweils 50 Prozent). Verkauft hat der Zulieferer darüber hinaus den Bereich Motorventile sowie das Gestänge- und Aufhängungsgeschäft.