Frauenrechte sind bedroht. Feministinnen müssen ihre Kräfte bündeln. Denn ihre Gegner schlafen nicht: Weltweit vernetzen sich rechtskonservative Gruppen zu einflussreichen Organisationen, kommentiert unsere Autorin Eva-Maria Manz.

Psychologie und Partnerschaft: Eva-Maria Manz (ema)

Sind Blumen ein gutes Geschenk? Ist Feminismus überholt? Heute erscheinen viele Fragen der vergangenen Jahre naiv. Zum aktuellen Frauentag ist den meisten bewusst: Die Uhren können auch rückwärts gehen, und die Lage der Frauen hat sich in vielen Teilen der Welt wieder verschlechtert.

 

Die Schriftstellerin Margaret Atwood meint: „Es gibt Fortschritt, aber er kann stets ganz schnell wieder zerstört werden. Es gibt immer wieder den Versuch, das Rad zurückzudrehen.“ Errungenschaften der Frauenrechtsbewegung stehen im Jahr 2023 weltweit zur Disposition. In den USA hat das Oberste Gericht des Landes das verfassungsmäßige Recht auf Abtreibung gekippt, ähnlich in Polen. Auch in Italien fürchten viele seit dem Wahlsieg des Bündnisses um die rechtsradikale Politikerin Giorgia Meloni eingeschränkten Zugang zu Abtreibungen. Und in Ungarn hat Viktor Orbán Aufklärung über Homo- oder Transsexualität verboten.

Frauen nehmen zu wenig Einfluss auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft

In vielen Ländern werden die Rechte von Frauen und Transpersonen weiter und unbeeindruckt von Sanktionen westlicher Nationen missachtet. Seit der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan ist Mädchen das Recht auf Bildung entzogen. Im Iran, wo Frauen gesetzlich und gesellschaftlich diskriminiert werden, bekämpft das Regime Frauenproteste mit tödlicher Gewalt.

In Deutschland hatte die Coronapandemie massive negative Folgen für Frauen, es gibt wieder mehr Fälle von häuslicher Gewalt. Frauen sind zudem in Parlamenten, Aufsichtsräten und anderen Gremien unterrepräsentiert und nehmen zu wenig Einfluss auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Sie sind häufiger von Armut bedroht, und ihre Gesundheit ist gefährdet von auf Männern ausgerichteter Medizin.

In Deutschland arbeiten 66 Prozent der Mütter in Teilzeit, aber nur sieben Prozent der Väter. Frauen haben pro Stunde im Jahr 2022 im Schnitt 18 Prozent weniger verdient als Männer.

Die Liste ließe sich fortsetzen. Ein Bericht des Weltwirtschaftsforums von 2022 offenbart: Geht es in diesem Tempo weiter, dauert es in Europa und Nordamerika noch 60 Jahre, bis Frauen gleiche Chancen und Sicherheiten haben wie Männer. Weltweit betrachtet sind es nach UN-Erkenntnissen noch mehr. So lange wollen Frauen nicht mehr warten. Ihr Feminismus wird in einer globalisierten Welt umfassend verstanden: Feministinnen beziehen weitere Formen der Diskriminierung ein, die sich nicht nur auf das Geschlecht, sondern auch auf Klassenzugehörigkeit und Herkunft beziehen. Alle zusammen haben Auswirkungen darauf, welchen Ausschlussmechanismen und Machtgefällen Frauen begegnen. Es ist richtig, dass Feministinnen heute andere Lebensbedingungen mitdenken. Auch Frauen mit Kopftuch haben das Recht auf gleiche Chancen. Und eine Welt, in der die Karriere der einen Frau nur mit der Ausbeutung einer anderen – vielleicht zugewanderten – als Kindermädchen möglich ist, wird nicht gerechter.

Feminismus, das hat sich gezeigt, kann viel erreichen

Feministinnen müssen ihre Kräfte bündeln, sie müssen sich mit anderen Frauen weltweit solidarisieren, sich vernetzen und ihre Proteste ausweiten. Dabei dürfen sie sich nicht in Oberflächlichkeiten verlieren. Annalena Baerbock bezeichnet ihre feministische Außenpolitik als „bitternötig“. Und Feminismus, das hat sich gezeigt, kann viel erreichen. Er muss dabei mehr sein als ein schickes Label. Denn seine Gegner schlafen nicht. Weltweit vernetzen sich rechtskonservative Gruppen zu einflussreichen Organisationen oder Parteien. Sie benötigen das Feindbild der emanzipierten Frau. Denn die von ihnen angestrebten Gesellschaftsordnungen sind nur mit einer Arbeitsteilung denkbar, in der Ungleichheit Programm ist, in der die Frau unterdrückt wird.