Idrissa Ouédraogo gehörte zu den wenigen Regisseuren Afrikas, deren Filme überhaupt mal im deutschen Kino liefen. Aber das ist auch schon ein Vierteljahrhundert her. Der wichtige Brückenbau zwischen Süden und Norden ist im Kino nicht gelungen.

Ouagadougou - Plötzlich schien ein Fenster aufzugehen: Als der 1989 in Burkina Faso gedrehte Spielfilm „Yaaba – Großmutter“ auch im deutschen Kino anlief, schienen neue Blicke auf Afrika möglich. Der Regisseur und Produzent Idrissa Ouédraogo hielt Bilder des traditionellen Landlebens und Elemente der Moderne geschickt in der Balance, er schien die Sehnsucht nach Folklore und Exotik ebenso anzusprechen wie das Interesse an den sozialen Verwerfungen eines Kontinents im Umbruch.

 

Die kleine Welt der Filmfestivals und der kosmopolitischen Cineasten hielt denn auch für ein paar Jahre an der Hoffnung fest, der 1954 in Burkina Faso geborene Ouédraogo – das Land hieß damals noch Obervolta und war Teil des französischen Kolonialreichs – werde Brücken schlagen zwischen Afrika und dem Kinopublikum des Nordens.

Eine schwungvolle Phase

Schon „Yam Dabo – Die Entscheidung“ (1986), die Geschichte einer Familie, die sich zwischen sicherer Almosenversorgung und riskanter Selbstständigkeit entscheiden muss, zeigte sein Gespür für die klare, zugänglich bleibende Aufarbeitung von Reizthemen. „Yaaba“, der am Beispiel von Hexenaberglauben vom Durcheinander des Alten und Neuen erzählte, fiel beim Festival von Cannes auf. „Tilaï“ (1990), die Geschichte des Aufeinanderpralls junger Liebe und alter Sozialstrukturen, gewann dann in Cannes sogar den Spezialpreis der Jury, den Grand Prix. Und „Samba Traoré“ (1993), die Geschichte eines Tankstellenräubers, holte einen Silbernen Bären in Berlin. Es war Ouédraogos bis dahin dynamischster, schwungvollster Film, ein Bruch mit dem kontemplativen Stil seiner ersten Werke – auch er bekam einen deutschen Kinostart.

Was sich aber nicht fand, war ausreichend Publikum, um Ouédraogos Filme oder afrikanisches Kino überhaupt zur festen Größe in Deutschland und Europa zu machen. Oder gar potente Kooperationspartner aus dem Norden zu locken. Die damaligen Diskussionen, ob Ouédraogos Filme zu sehr auf westliche Sehgewohnheiten und Erwartungen abzielten, erscheinen da im Nachhinein absurd.

Im strukturschwachen afrikanischen Kino blieb Ouédraogo eine Kraft, er drehte Spielfilme und Dokumentationen, die er immer als direkte Einmischung ins Leben und in die Zeitläufte verstanden wissen wollte. Hierzulande bekam man davon nichts mehr mit. Am 18. Gebruar 2018 ist Idrissa Ouédraogo im Alter von erst 64 Jahren in Burkina Faso gestorben. Und afrikanische Filme sind weiterhin ein Spezialistenthema einiger Festivalgänger statt Teil des Kinoprogramms.