Die Popwelt trauert um einen ihrer avantgardistischen Wegbereiter: Gabriel Delgado-López, der Mitgründer und Sänger der Deutsch-Amerikanischen Freundschaft, ist tot. Ein Nachruf.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Aufbruchswille und die unbedingte Lust, bestehende Konventionen zu sprengen: Das sind die zwei Wesenszüge, die man Gabriel „Gabi“ Delgado-López zuschreiben kann, dem Sänger und Mitgründer der Band Deutsch-Amerikanische Freundschaft, der – wie sein Manager am Dienstag mitteilte – am Sonntag völlig überraschend im Alter von nur 61 Jahren in Portugal verstorben ist.

 

Der im spanischen Córdoba Geborene wuchs in verschiedenen Städten an Rhein und Ruhr auf, zog 1980 nach London und Berlin, ehe er sich schließlich mit seiner Frau in Portugal niederließ; er war auch räumlich ein Aufbrechender. Vor allem jedoch musikalisch: als Mitbegründer der deutschen Punkszene, Fanzine-Herausgeber, quasi als „Inventar“ des legendären Ratinger Hofs in Düsseldorf, wo nicht nur die Toten Hosen, sondern auch Leute wie Kurt „Pyrolator“ Dahlke (Fehlfarben) und Chrislo Haas (Liaisons Dangereuses) ein- und ausgingen – zwei Musiker, die gemeinsam mit dem tatsächlich gelernten Musiker Robert Görl und Delgado-López von 1978 an die Deutsch-Amerikanische Freundschaft (DAF) bildeten.

Die Band schrumpfte rasch zum Duo aus Görl und Delgado-López, ihre Songs wurden rasch sehr populär, obwohl sie sich von der aufkommenden Neuen Deutschen Welle doch deutlich unterschieden: mit ihrer sequenzergeprägten synthetischen Musik, vor allem jedoch mit den repetitiven, teils dadaistischen, oft sehr provokanten Texten und eben jenem Willen, alles Bestehende hinter sich zu lassen. Zu Recht werden sie zu den Pionieren der damals sich – auch technisch – gerade entwickelnden elektronischen Musik gezählt und oft in einem Atemzug mit Can und Kraftwerk genannt.

Gabi Delgado-López war, zweifelsohne, ein Vorreiter der deutschen Popmusik und eine prägende Inspirationsquelle für EBM, Techno und viele andere Spielarten der elektronischen Musik. Und diesbezüglich eine weltweit geachtete Referenzgröße. Die nach langen, ebenfalls erfolgreichen Solojahren wiederformierte Band gab ihre letzten Konzerte erst Ende 2019 – in Polen, Australien und Schweden.