Eigentlich war Stephen Hillenburg studierter Meeresbiologe. Aber die Leidenschaft für Film und Zeichnen ließ ihn nicht los. Also startete er eine zweite Karriere als Trickfilmer. Doch auch die führte ins Meer: Der nun im Alter von 57 Jahren Verstorbene hat „Spongebob Schwammkopf“ erfunden.

Stuttgart - Eigentlich ist das Landleben ein Ausnahmefall. Die Oberfläche unserer Erde besteht hauptsächlich aus Ozeanen, alles Leben ist zunächst im Wasser entstanden. Niemand wusste das besser als der studierte Meeresbiologe Stephen Hillenburg. Dem war auch klar, welchen verheerenden Einfluss eine einzelne Form Landleben auf die Ozeane nahm: der Ressourcen raubende und Müll verschleudernde Mensch.

 

Irgendwann gab es dann einen Kurzschluss in Hillenburgs Kopf, der zu einer der erfolgreichsten Kinderfernsehserien je führte: Der nun am 26. im Alter von 57 Jahren an amyothropher Lateralsklerose gestorbene Amerikaner Hillenburg malte sich eine Unterwasserwelt aus, deren diverse Tiere menschliche Charaktere besaßen und deren Zivilisation in vielem wie die der Landbewohner aussah – nur dass das Meer dabei nicht draufging. Dieser Versöhnungsakt der Welten entfaltete sich in der Animationsserie „Spongebob Schwammkopf“, deren Titelheld diese Fusion der Sphären besonders ulkig verkörperte. Dieser bis zur Naivität gutmütige, optimistische Typ trug nicht nur Hose, Hemd und Krawatte, sein Köper war kein Meeresschwamm mehr, sondern ein rechteckiges Küchenschwämmchen.

Zum Trickfilmfestival in Stuttgart

Vom Meer fasziniert war Hillenburg, seit er als Kind die Filme des französischen Tauchers Jacques-Yves Cousteau gesehen hatte. So groß sein Spaß am Zeichnen immer schon war, dank Cousteaus Erschließung der Unterwasserwelten für ein weltweites Kino- und Fernsehpublikum studierte er Meeresbiologie. Wobei sich auch da bald eine Faszination für die Zwischenwelt herausstellte. Hillenburg war nicht von den Geheimnissen der Tiefsee am hingerissensten, sondern von Gezeitentümpeln. Das sind jene kleinen Brückenköpfe des Meeres, die bei Ebbe dort zurückbleiben, wo bis zur nächsten Flut wieder Land sein darf.

Zum Internationalen Trickfilmfestival Stuttgart kam Stephen Hillenburg erstmals 1994, mit seinem siebenminütigen Film „Wormholes“, der mit Spongebob noch gar nichts zu tun hatte. Aber jeder, der damals mit ihm sprach, bemerkte sofort den anderen Blick und Hintergrund dieses Mannes. Er hatte nach dem Studium am Orange County Marine Institute mit jungen Besuchergruppen gearbeitet, denen er das Leben im Meer und in Gezeitentümpeln nahegebracht hatte. Aber seine Begeisterung fürs Zeichnen und für Trickfilme hatte ihn nicht verlassen. Der Besuch diverser Trickfilmfestivals und die überwältigenden Eindrücke, erzählte er, hätten ihn zur Karrierewende in die völlige Unsicherheit bewogen. Er hatte noch einmal studiert und war nun Animationsfilmer.

Eine Meerjungfrau trumpft auf

In Stuttgart hat er bekannt, wie unsicher er selbst dieses Gewerbe anfangs empfand, und welcher Glücksfall es gewesen sei, dass er als Autor und Zeichner für die Animationsserie „Rockos modernes Leben“ beim Kindersender Nickelodeon geheuert wurde. Aufs Meer kam er trotzdem immer wieder zu sprechen, schon deshalb, weil wenige Jahre zuvor die Unterwasserwelt den größten Landkoloss der ganzen Trickfilmwelt gerettet hatte. Mit dem abendfüllenden Kinofilm „Arielle, die Meerjungfrau“ hatten sich die bis dahin immer siecher werdenden Walt Disney Studios ganz neu erfunden. „The little Mermaid“, wie die Adaption des Hans-Christian-Andersen-Märchens im Original hieß, wurde der bis dato erfolgreichste Animationsfilm überhaupt. Von nun an zählten Animationsfilme jährlich zu den wichtigsten Umsatzbringern des Kinos.

All das und seine Erinnerungen ans Orange County Marine Institute gingen Stephen Hillenburg im Kopf herum, als er 1994 in Stuttgart mehr als einmal gefragt wurde, wie das Arbeiten für Nickelodeon denn so sei. Macher und Liebhaberpublikum des Trickfilmfestivals hatten ja schon begriffen, dass Animation eines der Kraftzentren der Unterhaltungsindustrie geworden war.

Ein Schwamm zum Entspannen

Hillenburg plante da bereits, ließ er durchblicken, seine ganz eigene Serie. Für die griff er auf Figuren zurück, die er in den Achtzigern entworfen hatte, um den Besucherkindern im Orange County Marine Institute das Meeresleben mithilfe eines Comics zu erklären. Spongebob und viele Nebenfiguren tauchten darin auf, auch wenn sie noch nicht alle so aussahen wie später in der Serie: Spongebob selbst am allerwenigsten.

1997 stellte Hillenburg sein Serienkonzept Nickelodeon vor, am 1. Mai 1999 lief in den USA die erste Folge von „Spongebob Squarepants“, so der Originaltitel. Der Rest ist Geschichte – und für viele Menschen bereits nicht wegzudenkender Teil ihrer Kindheit. Ganz zu schweigen von den Erwachsenen, die nach wie vor und reihenweise dem Charme der Spongebob-Welt erliegen. „Du kannst Dich hier einfach entspannen“ , hat Hillenburg selbst einmal den Zauber dieser Welt zusammengefasst.