Ulrich Freiherr Varnbüler ist im Alter von 93 Jahren gestorben. Keiner prägte den Strohgäuort Hemmingen mehr als der Baron.

Hemmingen - Baron Varnbüler ist in Hemmingen allgegenwärtig gewesen, auch wenn er nicht im Ort weilte. Längst wohnte der Großgrundbesitzer am Chiemsee, aber selbst aus der Distanz hat er die Entwicklung der Gemeinde ebenso wohlwollend wie meinungsstark mitgeprägt. Am Montag ist Ulrich Freiherr Varnbüler von und zu Hemmingen im Alter von 93 Jahren gestorben.

 

Die Gemeinde wäre ohne die Familie Varnbüler nicht das, was den Ort heute ausmacht. Seit 1648 ist die Familie mit Hemmingen verbunden, 1948 trat Ulrich Freiherr Varnbüler das Familienerbe an. In der Nachkriegszeit lebten Hunderte Geflüchtete im Hemminger Schloss. „Der Baron“, wie er so schlicht wie respektvoll genannt wurde, stellte zudem Grund und Boden als Bauplatz zur Verfügung.

Der Kontakt blieb auch im Dissens bestehen

In den 1960er Jahren wurde der Gutshof ausgesiedelt, der „Wohnpark Schlossgut“ entstand. Er prägt heute die Silhouette des Orts. Seit Mitte der 1980er Jahre hat das Rathaus seinen Sitz im Varnbüler’schen Schloss, dessen Park inzwischen öffentlich zugänglich ist.

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Das Neubaugebiet Hälde im Norden indes wurde deutlich kleiner, weil der Baron zu diesem Zeitpunkt keinen Bedarf sah, seinen Grund zu verkaufen. Später war er überrascht, wie schnell das Gebiet aufgesiedelt wurde, änderte seine Haltung aber nicht. Ein Verkauf seines Grundstücks hätte die Größe des Baugebiets verdoppelt. Der Baron begründete seine Meinung, verschloss sich aber nicht der weiteren Diskussion. Sein Interesse an der Gemeinde war und blieb unverändert groß. „In regelmäßigen Abständen erkundigte er sich telefonisch oder bei persönlichen Besuchen nach Neuigkeiten“, sagt der Bürgermeister Thomas Schäfer. Auch die Verbindung zur Singgemeinschaft habe regelmäßig dazu geführt, dass er zu deren Festen kam. Dann wohnte er in einem Nebengebäude des Schlosses. Die Verlängerung des Mietvertrages für das Schloss um weitere 30 Jahre sei eine Selbstverständlichkeit für ihn gewesen.

Auch wenn – oder gerade weil – der Baron wusste, welchen Einfluss er im Ort hatte, hatte er Freude an Entscheidungen und Begegnungen, die er wenig oder nicht beeinflussen konnte. „Er freute sich ehrlich über das Bekenntnis des Gemeinderates und der Gemeinde, den Schlosspark für zukünftige Generationen zu erhalten und deshalb das vom Landesdenkmalamt geforderte Parkpflegewerk erstellen zu lassen“, sagt Schäfer.

Auszeichnung für den „Retter der Selbstständigkeit“

Im Jahr 2006 wurde die Freiherr-von- Varnbüler-Stiftung gegründet, aus der seit Jahrhunderten währenden Verbundenheit der Familie mit dem Ort. Hieraus soll die Jugend- und Altenarbeit gefördert werden, Hilfsbedürftige unterstützt, kirchliche Vorhaben vorangebracht und traditionelles Brauchtum gepflegt werden. Auch dafür verlieh ihm die Gemeinde 2018 die Bürgermedaille. Schäfer würdigte ihn damals zudem als „Retter der Selbstständigkeit“, dessen Entscheidung zur Umsiedelung des Gutshofs den Bau des Wohnparks Schlossgut ermöglicht habe. Mit dessen Bewohnern stieg die Einwohnerzahl der Gemeinde schnell über 5000 – und sicherte so die Selbstständigkeit der Kommune.

Ulrich Freiherr Varnbüler von und zu Hemmingen findet seine letzte Ruhe im Familiengrab in Hemmingen, neben seiner im Jahr 2009 verstorbenen Frau.