Michael Heller, der frühere Leiter des Wirtschaftsressorts der Stuttgarter Zeitung, ist mit 66 Jahren gestorben.

Stuttgart - Was will man mehr als einen Ressortleiter, der nach Feierabend bei einem überraschenden Anruf nicht einfach sagt: Du machst das schon! Sondern ins Auto steigt, zum Pressehaus fährt und seinen Kollegen unterstützt. Für Michael Heller war dies eine Selbstverständlichkeit an jenem Abend im Januar 2014, als Daimler in einer dürren Pressemitteilung meldete, dass der Vorstand Andreas Renschler seine Aufgaben ab sofort ruhen lasse. Gründe wurden nicht genannt, auch die Pressesprecher schwiegen eisern. Doch Michael Heller hatte sehr gute Quellen und erreichte jemanden, der eine Fährte legte, die mit etwas Kombinationsgabe zur wirklichen Nachricht führte: Andreas Renschler hatte einen neuen Job bei VW.

 

Michael Heller schaffte mühelos den Rollenwechsel vom Einzelkämpfer zum exzellenten Kapitän einer Mannschaft, der stets den Erfolg des gesamten Teams im Auge hatte. Unter seiner Führung gewann die Wirtschaftsredaktion 2003 den Ernst-Schneider-Preis, der von den Deutschen Industrie- und Handelskammern für die beste Berichterstattung einer Regionalzeitung gestiftet wird.

Michael Heller lernte zuerst die Bankpraxis bei einem großen Kreditinstitut

Vor seinem Antritt als Chef des Wirtschaftsressorts der Stuttgarter Zeitung war Heller von 1991 bis 1998 Wirtschaftskorrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ für Baden-Württemberg. In dieser Zeit baute er auch sein großes Netzwerk von Kontakten zu den vielen Mittelständlern im Südwesten auf, das er zuvor bereits als Wirtschaftsredakteur der Stuttgarter Nachrichten geknüpft hatte.

Dabei kam es auch zu denkwürdigen Begegnungen wie auf jener Leipziger Messe im Frühjahr 1989 in der Endphase der DDR, als SED-Chef Erich Honecker sich mit Trumpf-Chef Berthold Leibinger traf, um sich über die Spitzenprodukte des baden-württembergischen Vorzeigeunternehmers zu informieren. Dabei galt es, einige Missverständnisse bei den meist in Ost-Berlin akkreditierten Korrespondenten auszuräumen, wie Michael Heller später einmal berichtete. „Trumpf? Machen die nicht eigentlich Schokolade?“, habe einer gefragt. Solch ein Fauxpas konnte Michael Heller nicht passieren, der vor seinem Start im Wunschberuf Journalismus bereits ungewöhnlich gute Kenntnisse in Wirtschaftsthemen hatte.

Der gebürtige Mannheimer lernte nach dem Studium der Volkswirtschaft zunächst die Bankpraxis bei einem großen Kreditinstitut kennen, unter anderem als Sachbearbeiter in der Kreditabteilung. Dies waren beste Voraussetzung für den Beginn eines Volontariats bei den Stuttgarter Nachrichten, wo er sich anschließend zunächst um Themen rund um das Geld und die Finanzwirtschaft kümmerte.

Heller war kein Freund des Neoliberalismus

Über die Jahre bewies Michael Heller eine profunde Sachkenntnis auf vielen Feldern der Wirtschaft. Mit pointierten Kommentaren und Leitartikeln meldete sich Michael Heller als kritischer Kopf auch in vielen wirtschafts- und finanzpolitischen Debatten zu Wort. Dabei war er kein Freund des Neoliberalismus und entfesselter Märkte. Vielmehr setzte er sich für eine soziale Marktwirtschaft und das Leitbild des ehrbaren Kaufmanns ein. Michael Heller verkündete seine Meinung zwar beherzt, trat jedoch nicht als Missionar auf. Dies schlug sich auch in seinem Führungsstil nieder, indem er die Redakteure eher an der langen Leine laufen ließ. Zudem strahlte er eine große Gelassenheit aus und war auch unter größtem Zeitdruck ansprechbar, wenn unerwartet Fragen auftauchten.

Michael Heller leitete die Wirtschaftsredaktion bis 2016. Danach wurde er Autor der Stuttgarter Zeitung und konnte sich voll dem Schreiben widmen. Nach seinem Wechsel in den Ruhestand im Sommer 2019 hatte er große Reisepläne, die er nun nur zu einem Teil verwirklichen konnte. Am Sonntag ist Michael Heller mit 66 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit gestorben.