Die Streuobstwiesen im Land sind ein großes Reservoir an Tier- und Pflanzenarten. Allerdings sind sie in Gefahr. Um den Verfall zu stoppen, will die grün-rote Landesregierung die Pflege anschieben. Dazu lobt sie Prämien für den Baumschnitt aus.

Stuttgart - Das Land fördert künftig verstärkt die Pflege der Streuobstlandschaft. So sollen Zuschüsse fließen, wenn Bäume geschnitten und damit erhalten werden. Auch die Grünlandpflege unter und zwischen den Bäumen einer Streuobstwiese wird gefördert. Die Landesregierung unterstützt darüber hinaus Maßnahmen, die das Marketing und den Verkauf von Produkten aus den Streuobstwiesen vorantreiben. Das sind die wesentlichen Elemente der Streuobstkonzeption, die der Naturschutzminister Alexander Bonde (Grüne) am Montag auf der Landesgartenschau in Schwäbisch Gmünd vorstellte.

 

„Streuobstwiesen können nur erhalten werden, wenn sie gepflegt und genutzt werden“, sagte der Minister. „Leider sind viele Streuobstbäume durch den schlechten Pflegezustand bedroht.“ Um die Gütlesbesitzer zu motivieren, sich mehr um ihre Wiesen zu kümmern, schafft das Land den Fördertatbestand Baumschnitt. Mehr als die Hälfte der Streuobstwiesen im Land seien in privater Hand. Deshalb sei es wichtig, dass auch Privatleute unterstützt werden, wenn sie ihre Bäume schneiden.

Der „fachgerechte Baumschnitt“ von Kern- und Steinobstbäumen auf Streuobstwiesenflächen – also nicht im heimischen Garten – wird mit 15 Euro je Baum belohnt, sagte Bonde. Man habe mit den kommunalen Spitzenverbänden auch vereinbart, dass „interessierte Gemeinden nochmal fünf Euro pro Baum drauflegen können“.

Sammelanträge nötig

Damit der Bürokratie- und Kontrollaufwand den Nutzen nicht übersteigt, kann aber nicht jeder Grundstückseigentümer für sich einen Förderantrag stellen. Vielmehr sollen „Vereine, Mostereien, Initiativen, Kommunen oder Landschaftserhaltungsverbände“ für mehrere Grundstücke beim zuständigen Regierungspräsidium einen Sammelantrag einreichen.

Dazu gehört ein Schnittkonzept, das fünf Jahre umfasst. Darin werden verschiedene Flächen zusammengefasst; in einer Karte oder einem Luftbild sind die Bäume einzuzeichnen. Das Konzept soll deutlich machen, wann welche Bäume geschnitten werden. In einem Zeitraum von fünf Jahren muss jeder beantragte Baum mindestens einmal dran kommen. Man kann ihn auch jedes Jahr stutzen; binnen fünf Jahren wird aber nur maximal zweimal der Zuschuss gewährt. Die Obstbäume müssen zudem großkronig und hochstämmig sein.

Bonde erwartet, dass 500 000 bis eine Million Euro pro Jahr allein für die Baumschnittprämie fällig werden. Um die Nachfrage zu steuern, wurde ein Kriterienkatalog aufgelegt, mit dem die eingereichten Schnittkonzepte priorisiert werden. Wer hohe Bäume hat, auf chemisch-synthetischen Pflanzenschutz verzichtet, das Mäh- und Schnittgut nicht bloß entsorgt, sondern verwertet, ein Zeugnis in der Baumpflege hat und die Erzeugnisse hochwertig vermarktet, hat dabei die besten Karten.

Keine weitergehende Unterschutzstellung

Eine zweite Komponente für den Streuobstanbau bringt das von Grün-Rot neu aufgelegte Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT), das im kommenden Jahr den Marktentlastungs- und Kulturlandschaftausgleich (MEKA) ablösen soll. Mit 2,50 pro Baum wird dort „die aufwendige Grünlandpflege unter und zwischen den Bäumen einer Streuobstwiese belohnt“, sagte Bonde.

Wer seine Wiese in einem Schutzgebiet – etwa in einem Landschaftsschutzgebiet – hat, kann weitere Unterstützung bekommen; das gilt aber jetzt schon. Bei ökologisch bewirtschafteten Streuobstwiesen könne die Ökolandbauförderung beansprucht werden. Sodann sieht die Streuobstkonzeption einen Kostenzuschuss von bis zu 200 Euro für die Öko-Kontrolle vor. Für die verschiedensten Maßnahmen würden jährlich künftig 139 statt bisher 129 Millionen Euro ausgeschüttet.

„Wir setzen auf die Pflege und Bewirtschaftung der Streuobstbestände im Land“, erklärte Bonde. „Wir wollen daher keine darüber hinaus gehende Unterschutzstellung.“ Das bringe die Pflege nicht voran.

Arbeitseinsatz soll sich mehr lohnen

Die staatliche Förderung soll den Gütleseignern einige Euro zusätzlich bringen, damit sich ihr Arbeitseinsatz eher lohnt. Zum Programm gehört auch, den Absatz von Produkten aus dem Streuobstanbau zu fördern. Darum unterstützt das Land auch Keltereien. „Keltereien sind unersetzlich im Streuobstbau, da sie einen Großteil des Mostobstes verarbeiten“, so Bonde. Daher fördere das Land Investitionen in die Herstellung und Lagerung von Direktsäften.

Baden-Württemberg hat europaweit die bedeutendsten Bestände an Streuobstwiesen. Mit 5000 Tier- und Pflanzenarten zählen sie laut Bonde zu den artenreichsten Lebensräumen in Mitteleuropa. Sie seien ein „wertvolles Gen-Reservoir für rund 3000 Obstsorten“. Viele Streuobstwiesen seien „jedoch akut bedroht“. Der schlechte Zustand der Bäume ist ein Grund dafür. Ein anderer, dass immer mehr Streuobstflächen besiedelt werden. Innerhalb von 20 Jahren ist der Baumbestand um ein Fünftel zurück gegangen. Um dem Einhalt zu gebieten, hatten Umweltverbände gefordert Streuobstwiesen unter Schutz zu stellen.