Fraktionsübergreifender Gesetzentwurf setzt auf eine strikte Zustimmungslösung und betont „bewusste und freiwillige Entscheidung“.

Berlin - In das im politischen Berlin ohnehin heiß diskutierte Thema Organspende kommt erneut Bewegung. Nachdem bereits eine Gruppe von Abgeordneten um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) einen Gesetzentwurf vorgelegt hatte, gibt es nun auch einen fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf, der die Gegenposition einnimmt. Während die Gruppe um Spahn eine Widerspruchslösung vorsieht, die davon ausgeht, das im Prinzip jeder Mensch nach seinem Tod als Organspender zur Verfügung steht, es sei denn er widerspricht ausdrücklich, bekennt sich der alternative Gesetzentwurf zur strikten Zustimmungslösung. Die Organspende müsse „als eine bewusste und freiwillige Entscheidung beibehalten werden, die nicht durch den Staat erzwungen werden darf“, heißt es in dem Gesetzentwurf, der unserer Zeitung vorliegt. Eingebracht wird er unter anderen von den Abgeordneten Karin Maag (CDU), Hilde Mattheis (SPD), Annalena Baerbock (Grüne) und Otto Fricke (FDP).

 

Neues Online-Register als Schlüssel

Ziel des Gesetzentwurfs ist es, „eine stets widerrufbare Entscheidung klar zu registrieren, verbindliche Informationen und bessere Aufklärung zu gewährleisten und die regelmäßige Auseinandersetzung mit der Thematik zu fördern“, heißt es in dem Text.

Die Zustimmung zur Organentnahme soll in Zukunft einfacher dokumentiert werden können. Ein Kernelement des Antrags ist deshalb die Einrichtung eines „bundesweiten Online-Registers beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information, in dem die Bürger eigenständig eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abgeben können“. Um diese Registrierung möglichst einfach zu gestalten, soll sie auch direkt bei den für die Ausstellung und Ausgabe von Ausweisen zuständigen Stellen des Bundes und der Länder möglich sein. Die Registrierung ist damit neben der Patientenverfügung und dem Spenderausweis eine weitere Möglichkeit, seine Bereitschaft zu bekunden.

Auch Hausärzte sollen informieren

Über die Organspende und die neue Möglichkeit der Registrierung soll breiter als bisher informiert werden. Dazu sollen künftig auch die Hausärzte in die Beratung eingebunden werden. Der Entwurf sieht vor, dass die Hausärzte ihre Patienten „bei Bedarf einmal jährlich aktiv über die Organ- und Gewebespende beraten und sie zur Eintragung in das Online-Register ermutigen“. Die Beratung habe aber „ergebnisoffen zu erfolgen“. Die Patienten müssen ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass „keine Verpflichtung besteht, sich über ihre Bereitschaft zur Organ- und Gewebespende zu erklären“. Die Hausärzte können diese Beratungsleistung abrechnen, ohne dass dies auf ihr Budget angerechnet wird.

Um die Aufklärung auf eine breitere Basis zu stellen, und junge Menschen frühzeitig mit der Thematik vertraut zu machen, sieht der Gesetzentwurf vor, dass „Grundwissen zur Organ- und Gewebespende einschließlich der Möglichkeiten, die eigene Entscheidung zu dokumentieren, zukünftig verpflichtender Teil der Erste-Hilfe-Schulungen im Vorfeld des Fahrerlaubnis-Erwerbs“ werden soll.

Entscheidung im Herbst

Der Bundestag wird sich aller Voraussicht nach noch vor der Sommerpause in erster Lesung mit den beiden Gesetzentwürfen befassen. Eine endgültige Beschlussfassung dürfte dann im kommenden Herbst zu erwarten sein.

Etwa 9 500 Menschen stehen in Deutschland auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Die meisten von ihnen warten auf eine Niere. 2018 gab es bundesweit 955 Organspender. Im Vergleich zum Vorjahr mit 797 Organspender ist das ein Anstieg um 20 Prozent. Auch die Zahl der Personen, die einen Organspendeausweis besitzen, ist in den letzten Jahren gestiegen. In Europa führt Spanien regelmäßig die Statistiken zur Organspende an. 2017 kamen dort auf eine Million Einwohner 46,9 Organspender. In Deutschland liegt diese Zahl bei lediglich bei 11,5.