Die Aussagen vom ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger zur Millionenüberweisung an die Fifa könnten seinem Nachfolger Wolfgang Niersbach große Probleme bereiten.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Seit Jahren schon liefern sich der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger und sein Nachfolger Wolfgang Niersbach Auseinadersetzungen. Die fanden allerdings eher auf den kleinen Fußball-Bühnen statt, lediglich im Beisein einen überschaubaren Expertenpublikums. Zuletzt setzte Theo Zwanziger die Fifa-Ethikkommission in Gang, weil es der promovierte Jurist aus Altendiez in Rheinland-Pfalz für falsch erachtete, dass für Wolfgang Niersbach das einstige Ehrenamt DFB-Präsident mit Hilfe einer Betriebsrente zu einem sehr gut bezahlten Job umfunktionierte wurde. Auch in diesem Fall unterlag Zwanziger seinem Widersacher.

 

Wie schon 2012, als der damalige Generalsekretär des Verbands den Abgang des DFB-Chefs sehr wohlwollend begleitet haben, so heißt es jedenfalls in der Frankfurter Zentrale. Auch den Platz im Fifa-Exekutivkomitee musste Zwanziger für Niersbach räumen. Doch nun kann es sein, dass Zwanziger im großen Rahmen zum Gegenschlag ausholt, von dem sich sein in inniger Abneigung eng verbundener Nachfolger nicht mehr erholt. Denn nach der Rückkehr aus dem Urlaub will sich Zwanziger zu den Vorgängen äußern, die den deutschen Fußball derzeit erschüttern.

Warten auf eine schlüssige Erklärung

Bis jetzt konnte jedenfalls noch niemand schlüssig zu einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ Stellung beziehen, warum im Jahr 2005 vom DFB 6,7 Millionen Euro zum Weltverband Fifa geflossen sind. Der Bericht legt den Verdacht nahe, dass mit diesem Geld über den Umweg Fifa Schulden beim ehemaligen und mittlerweile verstorbenen Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus zurückgezahlt wurden. Die Millionen sollen vom Franzosen zuvor zur Verfügung gestellt worden sein, um Stimmen für die Vergabe der Fußball-WM 2006 zu kaufen.

2005 bildete Theo Zwanziger zusammen mit Gerhard Mayer-Vorfelder die Doppelspitze des DFB. Zwanziger dürfte deshalb ebenso Bescheid wissen über den tatsächlichen Verwendungszweck der Millionenzahlung an die Fifa wie auch der damalige Vizepräsident des WM-Organisationskomitees Wolfgang Niersbach.

DFB-Insider halten es eigentlich für undenkbar, dass der als rechthaberisch aber gleichzeitig auch als sehr korrekt geltende Zwanziger eine Rückzahlung von Bestechungsgeldern einfach so durchgewunken hat. Vielleicht gab es ja tatsächlich gar keine schwarze Kasse beim DFB, wie Wolfgang Niersbach beteuert. Es stehen aber ebenso Vermutungen im Raum, dass Theo Zwanziger Material gesammelt hat, das ihn selbst ent- und stattdessen das deutsche WM-Bewerbungsteam mit Franz Beckenbauer und Wolfgang Niersbach an der Spitze belastet.

Zunächst schien der DFB unter der Leitung von Wolfgang Niersbach in die Offensive zu gehen. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, der Verband prüfe eine Strafanzeige wegen Untreue gegen Theo Zwanziger aufgrund der ungeklärten Umstände um die Überweisung der 6,7 Millionen Euro an die Fifa, was vom Verband aber dementiert wurde. Zuvor hatte Zwanziger über seinen Anwalt Hans-Jörg Metz den Aufklärungswillen von Wolfgang Niersbach in dieser Sache in Zweifel gezogen und darauf hingewiesen, dass er bereits seit drei Jahren um Informationen bitte. Dem widersprach der DFB-Mediendirektor Ralf Köttker umgehend: „Dass Wolfgang Niersbach seit drei Jahren von ihm um Klärung gebeten wird, kann schon deshalb nicht stimmen, weil der letzte persönliche Kontakt aus dem November 2013 datiert.“

Zwei grundverschiedene Präsidenten

Die entscheidende Runde im Duell zwischen Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger ist also eingeläutet. Gegenüber stehen sich zwei Kontrahenten, die die Führungsrolle als DFB-Präsident völlig unterschiedlich verstehen. Theo Zwanziger betonte immer die gesellschaftliche Verantwortung des Verbands. Er engagierte sich gegen Homophobie und Rassismus und für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit des deutschen Fußballs. Außerdem verschaffte Zwanziger dem Frauenfußball in Deutschland einen ganz neuen Stellenwert. Das sind alles Themen, mit denen Wolfgang Niersbach nicht besonders viel anzufangen weiß.

Der ehemalige Agenturjournalist sucht vor allem die Nähe zur Fußballprominenz. Ganz besonders zu Franz Beckenbauer, dessen Medienchef er 1990 beim WM-Titelgewinn in Italien war. Der 64-Jährige ist ein Mann des Profifußballs und pflegt die entsprechenden Kontakte. So steht die Bundesliga bisher auch geschlossen hinter der rheinischen Frohnatur.