Die neue Tempomesssäule ganz in der Nähe des Fellbacher Schwabenlandtowers wird in diesen Tagen „scharf“ gestellt. Eine zweite Anlage an der Ortsumfahrung Oeffingen soll ebenfalls für mehr Verkehrssicherheit sorgen. Gesamtkosten: 460 000 Euro.

Für manche sind sie das typische Beispiel für Behördenwillkür, deren einziges Ziel es sei, Menschen zu gängeln – nämlich all jene, die nach dem Motto „Freie Fahrt für freie Bürger“ in zügigem Tempo unterwegs sind. Geschwindigkeitsmessgeräte haben nicht gerade den besten Ruf – und werden als bloße Einnahmequelle der klammen Städte gebrandmarkt. Die Recherche unserer Zeitung unter den Landkreis-Kommunen förderte Ende 2021 ein Ergebnis zutage, das zu der Schlagzeile führte: „Schorndorf nimmt durch Blitzer am meisten ein.“ Die Anlagen spülten 1,5 Millionen Euro pro Jahr in die Stadtkasse – Resultat der vier stationären Anlagen sowie einer mobilen Tempomessanlage. Der erfolgreichste Blitzer steht an der B 29 in Fahrtrichtung Stuttgart, dort gilt Tempo 100, wird aber oft genug „übersehen“.

 

Wildschweinkopf auf dem Blitzer

Das führt dann gelegentlich zu hässlichen Reaktionen: Mancher Blitzer wird umgenietet oder beschädigt. In Schorndorf platzierte 2019 vermutlich ein zuvor mal per Kamera erwischter Verkehrssünder einen abgehackten, gehäuteten Wildschweinkopf auf einem Blitzer.

Schlagzeilenträchtig ist auch die Anlage am Ortsausgang von Waiblingen-Hegnach in Richtung Remseck. Dort denken viele, sie dürften mit Tempo 50 fahren, übersehen das 30-km/h-Schild – und schon leuchtet’s rot auf. Im Jahr 2020 wurde der dortige Blitzer rund 23 000-mal ausgelöst, weshalb die Waiblinger Stadtverwaltung zur Freude des Kämmerers 440 000 Euro generieren konnte.

Blitzlicht als „erzieherischer Faktor“

Die Zusatzeinnahmen, so betonen die Ordnungsamtsleiter in den Rathäusern stets, seien allerdings allenfalls ein Nebeneffekt. Es gehe ganz klar um die Verkehrssicherheit, die nur durch solche Kontrollkameras gewährleistet sei. Zudem sei auch der „erzieherische Faktor“ nicht zu verachten.

Auch in Fellbach stehen fixe Blitzer schon länger auf der Agenda. „Besonders effektiv sind solche Säulen an Gefahrenstellen und potenziellen Unfallschwerpunkten“, hieß es im vergangenen Herbst in einer Stellungnahme der Stadtverwaltung. Und: „Selbst ohne Messeinheit haben die Säulen eine präventive Wirkung auf die Autofahrer, da diese ja nicht ohne Weiteres erkennen können, ob die Einrichtung scharf gestellt ist“, erläuterte der damalige Fellbacher Ordnungsamtsleiter Peter Bigalk. Die Rathausbeamten reagierten damit auf Forderungen der CDU im Gemeinderat. Die damalige Fraktionschefin Simone Lebherz diagnostizierte: „Ein stationärer Blitzer hilft zuverlässig, Raser einzubremsen.“

Bereits vor knapp zwei Jahren hatte der Gemeinderat die Investition in Höhe von 460 000 Euro für die beiden Anlagen beschlossen. Mittlerweile hat die Stadt die Säulen auch aufstellen lassen. So heißt es beispielsweise ganz im Osten der Fellbacher Kernstadt ab sofort: Fuß runter vom Gas. Im Mittelstreifen der Schorndorfer Straße (der Landesstraße L 1193) zwischen der Waiblinger Straße und der Eberhardstraße, also quasi unterhalb des 107 Meter hohen Schwabenlandtowers, wartet der neue, drei Meter hohe Blitzer auf seinen ersten fotografischen Einsatz – dieser Tage wird er scharf gestellt, so die Auskunft aus dem Rathaus. In dem Bereich liegt die zulässige Höchstgeschwindigkeit bei 50 Kilometern pro Stunde.

Zweite Anlage an der Oeffinger Umgehungsstraße

Die zweite Fellbacher Messanlage befindet sich am Standort L 1197, also an der westlichen Umgehung von Fellbach auf Höhe der Abzweigung Freibergstraße in Richtung Oeffingen. Dort ist maximal Tempo 60 erlaubt. „Die beiden neuen Messsäulen sind die ersten in Fellbach“, erklärt Frank Knopp vom Fellbacher Presseamt auf Nachfrage. „Weitere Blitzer gibt es nicht.“

Die beiden Messsäulen wurden nach seiner Auskunft extra in der Nähe von Lichtzeichenanlagen installiert, „da es sehr hohe und ständige Geschwindigkeitsüberschreitungen insbesondere bei Grünphasen beziehungsweise bei der Umschaltung auf Gelblicht gibt“. In der Schorndorfer Straße werde zudem bei hohen Geschwindigkeiten oftmals auch der Fahrstreifen gewechselt. „Die Anlagen dienen also zur Verbesserung der Verkehrssicherheit.“

Rotlicht aus dem Anhänger

Im Einsatz in Fellbach ist überdies ein mobiles Gerät. Diese „semistationäre Geschwindigkeitsmessanlage“ hat die Stadt nicht gekauft, sondern ausgeliehen. Sie ist flexibel an passenden Straßenrändern einsetzbar und kommt, anders als bei den mobilen Vorgängermodellen, ohne Personal aus, was weitere Kosten einspart.

Waiblingen kontrolliert öfter an der Alten B 14

Enforcement Trailer
Die Stadt Fellbach agiert mit einem Mietmodell, Waiblingen wiederum hat zur Erfassung von Temposündern für rund 180 000 Euro einen mobilen Anhängerblitzer angeschafft. Der sogenannte Enforcement Trailer, der äußerlich einem Autoanhänger ähnelt und recht unauffällig aussieht, soll dort eingesetzt werden, wo bislang noch nicht gemessen wird, erklärt Benjamin Schock, der Leiter des Fachbereichs Bürgerdienste. Das Gerät könne mehrere Tage am Stück und auch nachts betrieben werden, da es ohne Personal auskomme.

Autoposer im Visier
Als temporäre Standorte sieht die Waiblinger Verwaltung auch jene Stellen im Stadtgebiet, an denen es immer wieder Beschwerden wegen Autoposern gibt. Dies betrifft insbesondere den Bereich der Alten B 14 sowie die Fronackerstraße, aber auch Gewerbegebiete wie das Eisental und das Gebiet des Ameisenbühls.

Einsatz am Neckartor
Die Stadt Stuttgart nutzt mobile Messgeräte seit Längerem, etwa im Bereich des Neckartors. Auch die Stadt Esslingen hat Enforcement Trailer angeschafft, zu den Standorten gehört unter anderem die B 10.