Wird bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart am Donnerstag für „Ja“ zur Ausgliederung gestimmt, könnte der Verein schon bald zu viel Geld gelangen. Für Präsident Wolfgang Dietrich bedeutet das in diesen Tagen: Endspurt im Wahlkampf.

Stuttgart - Gut acht Monate nach seiner Wahl zum Präsidenten des VfB Stuttgart ist Wolfgang Dietrich wieder im Wahlkampfmodus. Seit Wochen dokumentiert der 68-Jährige auf Facebook fast täglich seine Auftritte bei Fanclubs und als Redner bei Zeitungs-Foren. Zudem gibt er vermehrt Interviews. Denn elf Tage nach der Zweitliga-Meisterschaft und der Rückkehr in die Fußball-Bundesliga geht es für den Verein bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am Donnerstag um die Zukunft - und damit für Dietrich auch um den Gestaltungsspielraum in seiner Amtszeit.

 

„Das ist die wichtigste Abstimmungsmöglichkeit für die Mitglieder, seit es den Verein gibt. Deswegen hoffen wir, dass möglichst viele Mitglieder von diesem Recht Gebrauch machen“, sagt Dietrich vor der Veranstaltung in der Mercedes-Benz Arena.

Er weiß: Nur, wenn viele Anhänger des Traditionsvereins sich unmittelbar vor den Pfingstferien auf den Weg in die Landeshauptstadt machen und mit Ja stimmen, hat die Ausgliederung der Fußball-Abteilung eine Chance - und der Verein damit schon bald darauf 41,5 Millionen Euro mehr zur Verfügung. So viel bezahlt der Autobauer Daimler für 11,75 Prozent der Anteile.

Dietrich konnte seine Kritiker zuletzt von sich überzeugen

Voraussetzung dafür ist die Zustimmung von mindestens 75 Prozent der Mitglieder. Das Stimmpotenzial der Kritiker wird auf etwa 1500 Stimmen geschätzt. Sicher ist die Ausgliederung also keinesfalls. „Ich hoffe auf eine volle Haupttribüne. Das wären 11 000 Menschen“, sagt Dietrich. „Ob so viele kommen, wird sich zeigen.“

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Bei der regulären Mitgliederversammlung im Oktober, als der damals höchst umstrittene Unternehmer zum Präsidenten gewählt wurde, waren 2447 stimmberechtigte Mitglieder in der Halle. Nur 57,2 Prozent waren damals für Dietrich. Inzwischen hat er einige Kritiker von sich und seiner Arbeit überzeugt. Allerdings noch längst nicht alle.

Insgesamt möchte der Vorstand in den kommenden Jahren maximal 24,9 Prozent der Anteile an der zu gründenden AG an Investoren verkaufen. Wer außer Daimler noch einsteigen würde, ist offen. Mit insgesamt 100 Millionen Euro an zusätzlichem Kapital rechnet die Vereinsführung.

„Der Aufstieg war ein erster wichtiger Schritt für eine gute Zukunft. Aber ohne den zweiten Schritt wird das möglicherweise eine Eintagsfliege bleiben“, warnt Dietrich, der den Verein binnen vier Jahren - also bestenfalls noch in seiner Amtszeit - im oberen Tabellendrittel der Bundesliga etablieren will. „Um das zu erreichen, brauchen wir auf Sicht von vier Jahren insgesamt um die 250 Millionen Euro frisches Geld“, sagte Dietrich in einem Interview des „Kicker“.

Schindelmeiser sieht Ausgliederung als einzige Möglichkeit

Die 100 Millionen Euro von Investoren bezeichnet auch Sportvorstand Jan Schindelmeiser als „Anschubfinanzierung“. Die Überlegung: Mehr Mittel zum jetzigen Zeitpunkt helfen dabei, schnell sportlich erfolgreich zu sein - was wiederum mehr TV-Geld, höhere Sponsoreneinnahmen und Prämien generiert.

„Wir brauchen das einfach“, sagt Schindelmeiser. „Wenn wir uns mittel- und langfristig wieder nach oben orientieren wollen, dann geht an einer Ausgliederung und dem, was danach folgt, kein Weg vorbei“, betont er. „Schaffen wir das nicht, wird es für uns extrem schwer.“

Das Thema Ausgliederung begleitet den VfB Stuttgart seit Jahren. Nun soll es ein für alle Mal geklärt werden. Eine weitere Abstimmung wird es in seiner Amtszeit nicht geben, hatte Dietrich mehrfach gesagt. Denn Wahlkampf mochte er noch nie. Schon vor seiner Zeit als Präsident nicht.