„Aus der Region“ ist ein wichtiges Verkaufsargument. Doch Fruchstsäfte und -schorle halten nicht immer, was versprochen wird. Das ergab eine großangelegte Kontrollaktion des Agrarministeriums.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Bei als regional ausgewiesenen Fruchtsäften und Saftschorlen wird offenbar verbreitet Etikettenschwindel betrieben. Eine groß angelegte Kontrolle des Stuttgarter Landwirtschaftsministeriums ergab in fast jedem zweiten Fall „Hinweise auf möglicherweise unzutreffende oder irreführende Angaben zur Herkunft der Rohware“. Entsprechende Informationen unserer Zeitung bestätigte das Ressort von Peter Hauk (CDU). Als Folge wurden in mehreren Landesteilen Staatsanwaltschaften aktiv sowie Rückrufe und Umetikettierungen veranlasst.

 

Die Kontrollen erfolgten im Lauf des vergangenen Jahres im Rahmen einer Schwerpunktaktion des neuen „Landeskontrollteams Lebensmittelsicherheit“. Dabei seien zwischen Januar und Dezember auch Fruchtsaft- und Fruchtschorlehersteller überprüft worden, sagte eine Ministeriumssprecherin. In sieben von 15 Fällen habe es Auffälligkeiten gegeben, denen man weiter nachgegangen sei. In einem weiteren Fall habe sich die Herkunft der Rohrware zunächst nicht klären lassen.

In vier Fällen Strafanzeige erstattet

In vier der sieben Fälle haben die zuständigen Behörden laut dem Ministerium Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet. In einem Fall liefen die Ermittlungen noch, ein Verfahren sei gegen eine Geldauflage eingestellt worden; die beiden anderen Verfahren seien ohne Geldauflage beendet worden. Es handele sich um die Staatsanwaltschaften in Hechingen, Heilbronn, Konstanz und Mosbach, hieß es auf Nachfrage. Dies spiegelt die Herkunft der betroffenen Hersteller wider, die laut der Sprecherin aus den Regionen Bodensee, Hohenlohe, Neckar-Alb und Neckar-Odenwald stammen.

Als Beispiel für einen Etikettenschwindel nannte sie den Apfelsaft einer regionalen Streuobstinitiative. Dieser habe weniger als 25 Prozent Äpfel von der Initiative enthalten, der Großteil habe von anderen Erzeugern aus dem Landkreis gestammt. Im vorigen Jahr war ein Fall bekannt geworden, wo eine Firma vom Bodensee „Karlsruher Apfelsaft“ verkaufte, der jedoch keine Äpfel aus Karlsruhe enthielt. Ob die Firma von den Beanstandungen betroffen ist, war zunächst nicht zu erfahren. Namen von Unternehmen könne man aus rechtlichen Gründen nicht nennen, sagte die Sprecherin. Diese Möglichkeit ist zwar gesetzlich vorgesehen, wird nun aber vom Bundesverfassungsgericht überprüft; so lange mache man keinen Gebrauch davon.

„Großer Erfolg“ für neues Kontrollteam

Die Behörden hätten sichergestellt, dass die Ware zurückgerufen oder korrekt etikettiert wurde. Welche Mengen betroffen seien, wisse man nicht. Die Befunde und Konsequenzen wertete das Ministerium als „großen Erfolg“ des Ende 2015 gegründeten Kontrollteams Lebensmittelsicherheit. Das interdisziplinär besetzte Team soll die örtlich zuständigen Lebensmittelbehörden unterstützen und bei der Überwachung vernetzen.

– Kommentar: Kein Kavaliersdelikt  

– Regionaler Saft von irgendwo her