Zweifelhafte Nachfolger Christi Gefallen an der Opferrolle - Märtyrer, wohin man sieht

Jesus Christus und Donald Trump – obwohl so unterschiedlich, werden beide mit dem Begriff des Märtyrers in Verbindung gebracht. Foto: KI/Midjourney//Montage: Sebastian Ruckaberle, Jonathan Rebmann

Der himmlische Kredit lässt sich heute zu höchst profanen Zwecken nutzen. Über die schwindelerregenden Positionswechsel einer Leidensfigur zwischen himmlischen und dunklen Sphären.

Kultur: Stefan Kister (kir)

Wer würde schon als Märtyrer enden wollen? Die, die es einmal taten, hatten keine Wahl. Bevor sie ihren Überzeugungen abgeschworen hätten, ließen sie sich lieber mit Pfeilen spicken, auf dem Grill rösten oder den Kopf abschlagen. In der Nachfolge Christi scheuten sie nicht davor zurück, den Passionsweg durch den Fleischwolf vorneuzeitlicher Marterfantasien zu beschreiten. Und egal in welchem Zustand, außer einfach nur tot, die Gequälten daraus hervorgingen, war ihnen das ewige Leben gewiss. Dabei muss es gar nicht erst das Christentum sein, das dem Leidensbereiten garantiert, im Jenseits für seine Standhaftigkeit belohnt zu werden. Schon Sokrates zog den Schierlingsbecher den Fake News der Sophisten vor, um als Märtyrer der Wahrheit in den Ideenhimmel einzugehen.