Märchen sind die einzige Literaturgattung, die uns glauben machen möchte, dass nur die Liebe Menschen glücklich macht. In den Romanen der Weltliteratur scheinen die Liebenden wie zum Tod verurteilt an den zu engen Wänden der Welt; wer den Märchen folgt, begreift nicht nur die Macht des Unbewussten und die Poesie traumnaher Bilder, er wird zugleich die Spuren sehen, die Menschen aus Entfremdung und Gefühlszerstörung zu sich selbst zurückgeleiten können.

 

Als Kinder lockten uns die Märchen ins Leben, als Erwachsene lehren sie uns, den Verlockungen des Lebens der allzu großen Leute nicht länger Glauben zu schenken, sondern der einfachen Wahrheit zu vertrauen: Gott schützt die Liebenden.

(Der Kirchenkritiker Eugen Drewermann, der sich als Priester zum Psychotherapeuten ausbilden ließ, lehrte in Paderborn Theologie. 1992 wurde er wegen seiner Positionzu Zölibat und Abtreibung vom Priesteramt suspendiert. In tiefenpsychologischen Interpretationen hat er immer wieder auf die Aktualität von Märchen hingewiesen.)