Hundertundeine Nacht“ ist eine eben erst in einer mittelalterlichen arabischen Handschrift neu entdeckte Sammlung aus dem maurischen Spanien. Diese kleine Schwester der berühmten „Geschichten aus Tausendundeiner Nacht“ wartet mit einer überschaubaren Zahl kompakter, spannender, teils auch erotischer Geschichten auf, von denen einige frappierend an deutsche Märchen, auch solche der Gebrüder Grimm, erinnern.

 

Schon gleich im Prolog stimmt uns das „Spieglein-Spieglein-an-der-Wand-Motiv“ auf kommende Abenteuer ein: „Nun pflegte der König nach einem Spiegel zu fragen, und dieser wurde vor ihn gestellt. Der König betrachtete darin sein Gesicht und fragte dann: ,Kennt ihr irgendjemanden auf der Welt, der schöner ist als ich?‘“ Und in der 28. Nacht träumt der Kalifensohn Suleiman Ibn Abdalmalik vor sich hin: „Ob wohl Gott ein Mädchen erschaffen hat von strahlender Schönheit, mit einem Leib so weiß wie dieser Marmor, mit Haaren so schwarz wie die zwei Raben und Wangen so rot wie deren Blut?“ In diesem Sinn gratuliert Schahrasad den Gebrüdern Grimm zum geglückten Revival einiger uralter indisch-persisch-arabischer Märchenmotive – oder vielmehr zum Auffangen und Weiterwerfen der globalen, goldenen Märchenkugel.