Man sieht es nicht, man riecht es nicht – und doch ist es ein oft tödliches Gas: Kohlenmonoxid. Weil Gasthermen für Heißwasser offenbar nicht korrekt funktionierten, musste die Feuerwehr an einem Tag gleich zweimal zu Alarmfällen in der Stadt ausrücken. Die Gefahr lauerte in den Badezimmern.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Diesmal war die Feuerwehr vorgewarnt. Wieder schien es lediglich ein medizinischer Notfall zu sein, als bei der Feuerwehr am Sonntag um 20.32 Uhr ein Notruf aus Vaihingen einging. Ein zweijähriger Bub war bewusstlos im Bad gefunden worden, die Familie klagte über Übelkeit. „Als der Anrufer dann aber auch noch berichtete, dass die Gastherme vorher seltsame Geräusche gemacht habe, war der Fall eindeutig“, sagt Oliver Raffel, Lagedienstführer in der Einsatzleitstelle von Feuerwehr und DRK. Kohlenmonoxid-Alarm. Zum zweiten Mal an diesem Tag.

 

Diesmal wurden die Feuerwehrleute um Einsatzleiter Jakob Bauser nicht überrascht. Anders als sieben Stunden zuvor bei einem Rettungseinsatz in der Innenstadt hatten sich die Einsatzkräfte auf die Situation vorab eingestellt und gleich eine größere Truppe in der Seerosenstraße auffahren lassen. In der betroffenen Wohnung schlugen die Warngeräte an, die erhöhte Konzentrationen von Kohlenmonoxid feststellten. Das Gas, das durch unvollständige Verbrennung entsteht, schädigt die Sauerstoffversorgung des menschlichen Körpers. Das Haus wurde sofort geräumt und belüftet.

Gefahr wurde im ersten Fall zunächst nicht erkannt

Der zweijährige Junge wurde von einem Notarzt versorgt und ins Krankenhaus gebracht. Auch der 39-jährige Vater und die 31-jährige Mutter mussten wegen Vergiftungserscheinungen klinisch behandelt werden. Die Ursache für den Gasaustritt ist noch unklar. Ganz offensichtlich war die Abluft der Gastherme nicht richtig über den Kamin abgezogen. Einen ähnlichen Fall hatte es gut sieben Stunden zuvor in der Schubartstraße in der Innenstadt gegeben. Allerdings war dort die tatsächliche Gefahr nicht sofort klar. Über Notruf 112 war um 13.11 Uhr in der Einsatzleitstelle ein bewusstloses Kind gemeldet worden. Das zehnjährige Mädchen lag bewusstlos im Badezimmer. Weil sich in der Wohnung Personen aufhielten, die scheinbar keine Beschwerden hatten, fuhren zunächst nur eine Rettungswagenbesatzung und ein Notarzt zum Haus. Dort aber schlugen die Kohlenmonoxid-Warner der Sanitäter an. Sofort wurde ein größerer Einsatz ausgelöst.

Warngerät bei Rettungskräften wird zum Lebensretter

„Zum Glück sind diese Warngeräte inzwischen Standard“, sagt Feuerwehr-Lagedienstführer Raffel, „daher fallen solche Fälle viel öfter auf.“ Vor allem deshalb, weil es bei der Rettung um jede wertvolle Minute geht. Das zehnjährige Mädchen, ihr 22-jähriger Bruder und die 53-jährige Mutter wurden ins Krankenhaus gebracht und in einer Druckkammer behandelt. „Die Behandlung mit erhöhter Sauerstoffversorgung wirkt dort viel schneller“, sagt Raffel, „die Zeit reduziert sich von 90 auf gut 20 Minuten.“

Doch warum kommt es überhaupt so weit? Lag es am Gasthermegerät oder am Kaminsystem? „Bei einem Verbrennungsluftverbund ist nicht ein Parameter allein die Ursache“, sagt Erwin Schmidt, stellvertretender Obermeister der Schornsteinfegerinnung im Regierungsbezirk Stuttgart. Ausgetauschte Fenster, durch Staub, Handtuchfusseln oder Haarspray verklebte Wärmetauscher, ein Kaltluftstopfen im Kamin – da kann viel zusammenspielen. Vor allem, wenn die Sicherungsautomatik dann nicht funktioniert.

Wartung mindestens einmal im Jahr

Der Landesinnungsverband der Schornsteinfeger führt Buch über die Mängel: Bei knapp 870 000 Überprüfungen von sogenannten Gasfeuerstätten für gasförmige Brennstoffe in Baden-Württemberg gab es im Jahr 2015 etwa 13 000 Fälle, bei denen die Kaminkehrer Alarm schlugen. „Bei diesen 1,5 Prozent Beanstandungen lagen die Werte über 1000 ppm“, sagt Thomas Kugel vom Landesinnungsverband. 1000 Parts per million, tausend Millionstel: Das ist der Grenzwert für eine Rote Karte. Der Anteil der Werte über 500 ppm, die einen Wartungstechniker erforderlich machen, lag bei 1,7 Prozent.

Offenbar wird unterschätzt, wie viel Staub sich in Geräten ablagern kann. „So ein Gerät mit 20 Kilowatt Leistung saugt pro Stunde 80 Kubikmeter Luft an, und da ist eine Menge Staub dabei“, sagt Axel Heckers von der Innung Sanitär und Heizung Stuttgart-Böblingen. Deshalb sei es wichtig, die Geräte mindestens einmal im Jahr von einem Fachmann überprüfen zu lassen – „im eigenen Interesse“, so Heckers. Wichtig sei es auch, die vorhandenen Lüftungsschlitze nicht mit Handtüchern und Bademänteln zuzuhängen. „Oder gar abzukleben, um kalte Zugluft auszusperren“, sagt Heckers. Immerhin: „Gemessen an der Zahl der Geräte sind Zwischenfälle doch relativ selten.“