Der Karlsruher Zoo feiert am Wochenende 150-jähriges Bestehen. Seit 1. Juli ist dort Matthias Reinschmidt der neue Direktor. Er und seine Leute haben mit dem zweitältesten Tierpark in Baden-Württemberg Großes vor.

Karlsruhe - Gemeinsam alt werden: das gilt für einige der Großsäuger im Karlsruher Zoo. Die beiden Elefantendamen Rani und Shanti sind bereits seit 1958 dort. Auch der Schimpanse Benny gehört schon seit 1970 zum Bestand. Im Jubiläumsjahr aber, das zeitgleich mit einer neuen Zooführung startet, will man sich ganz neu aufstellen. Eines der Ziele: der Zoo solle künftig Botschafter für Artenschutz sein. Einen Quantensprung sieht man in der Eröffnung des Exotenhauses im Juli, der Tierbestand wurde glatt verdreifacht.

 

Anfang des Jahres machte der Karlsruher Zoo noch Schlagzeilen mit Plänen für eine „Alten-WG“ für Elefantendamen. Der Tierpark Berlin wolle die asiatischen Dickhäuter Louise und Astra nach Baden abgeben, hieß es. Doch das muss noch warten: Das Außengehege ist schlicht zu klein, nur 1200 Quadratmeter stehen momentan zur Verfügung. 2000 müssten es mindestens sein, sagt der neue Zoochef Matthias Reinschmidt, der am 1. Juli seinen Dienst antrat. Die betagten Karlsruher Elefanten Rani und Shanti sind stattliche 60 Jahre alt, beide trennen nur wenige Monate. Die dritte Karlsruher Elefantendame, Jenny, ist auch schon 36. Von arterhaltender Elefantenzucht musste man sich hier schon länger verabschieden.

Vor der Eröffnung des 21 Millionen Euro teuren Exotenhauses, das 2012 beschlossen wurde und in dem denkmalgeschützten Gebäude entstand, hatte der 1865 gegründete Zoo nur Säugetiere und Vögel zu bieten. Die größten Gehege sind die vor wenigen Jahren neu gestaltete „Wasserwelt“ mit den Pinguinen und Robben, sowie das ebenfalls neu erbaute Eisbärengehege direkt daneben. Beide gelten als modern und artgerecht. Das bestätigen Fachleute auch für Schneeleoparden, in der neuen „Bergwelt Himalaya“.

Nachholbedarf beim Dickhäuterhaus

Nachholbedarf besteht offensichtlich beim Dickhäuterhaus mit seinen Elefanten und Flusspferden, sowie im Raubtierhaus der Löwen und Chinaleoparden. Der Vizechef des Zoos, Clemens Becker, spricht ganz bewusst von „vier alten Tierhäusern“. Im Affenhaus leben derzeit drei ältere Schimpansen, sowie kleine Affenarten. Auch das Giraffenhaus steht vor einer Veränderung. Es solle erweitert, und zusammengelegt werden mit den Zebras, sagt Zoodirektor Reinschmidt. Die Haltung von Schimpansen wolle man „langfristig auslaufen lassen“, ergänzt Vize Becker, der sich seit Jahrzehnten für den Erhalt von Orang Utans auf Borneo engagiert. An Menschenaffen wolle man grundsätzlich festhalten, aber sich verstärkt um die gefährdeten Arten bemühen.

Wie überhaupt der Artenschutz künftig einen ganz neuen Stellenwert bekommen soll. Da ziehen Reinschmidt, der Direktor seit dem 1. Juli, und Becker, der seit 1986 in Karlsruhe tätig ist, an einem Strang. Matthias Reinschmidt, der zuvor rund 15 Jahre lang für den Loro Parque auf Teneriffa arbeitete, sieht „Tiere als Botschafter“. Karlsruhe müsse „auf der Welt präsent sein mit Projekten zur Arterhaltung“, für jede Lebenswelt im Zoologischen Stadtgarten der nordbadischen Großstadt müsse „es eine Dependance in der realen Welt draußen geben“. Auch von der Haltung großer Raubtiere scheint man sich in Karlsruhe ganz allmählich zu verabschieden.

Bürger planen mit

Seit einigen Monaten waren Bürger in sechs Arbeitsgruppen engagiert um ein „Entwicklungskonzept Zoologischer Stadtgarten“ zu erarbeiten. Anfang Juli wurden die ersten Ergebnisse präsentiert. Zuletzt war 2007 die Haltung der Wildtiere erörtert worden, nun wolle man ein Gesamtkonzept für Zoo und Stadtgarten, heißt es. Von dem jetzigen Zoojubiläum erhofft sich mancher einen Schub. Mit neuer Wegeführung, und der Intensivierung der Zoopädagogik wurden zuletzt Besucher besser eingebunden.

In den Leitlinien waren sich die großen Parteien in Karlsruhe weitgehend einig, nur die Grünen im Gemeinderat hatten wiederholt Kritik geäußert an „veralteten Gehegen“. Der zuvor international tätige Biologe Reinschmidt, der auch in seiner Zeit auf Teneriffa – wie er sagt – in das Netzwerk des deutschen „Verbands der Zoologischen Gärten“ (VdZ) eingebunden blieb, ist sich über eines sicher: das im Juli eröffnete Exotenhaus, das allein am ersten Sonntag rund 11 000 Besucher anlockte, werde „die Wahrnehmung des Karlsruher Zoos radikal verändern“. Bei subtropisch anmutenden 22 Grad Lufttemperatur auch im November und Dezember sind bei über 100 Arten der Gattungen Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien und Fische über 2000 zusätzliche Bewohner in den Zoo neu eingezogen. Auf einem rund 450 Meter langen Rundweg trifft man auf Riesenschildkröten und die hundert Flugtiere zählende Fledermaushöhle. Bisher zählte man in Karlsruhe bis zu 900 Einzeltiere: die Zahl hat sich glatt verdreifacht.

Der langjährige Vizedirektor Becker, der zu Beginn seiner Zeit in Karlsruhe nach eigenem Bekunden einst „ein Sammelsurium von Tierbestand“ antraf, sagt, die Verweildauer im Zoo werde sich „mit dem neuen Dschungel“ künftig drastisch erhöhen. Zoochef Reinschmidt, der den Zoo zum Naturschutzzentrum ausbauen will, glaubt gar „Karlsruhe spiele schon lange in der Bundesliga“. Der Chef und sein Vize kennen sich seit vielen Jahren: als Clemens Becker 1986 in Karlsruhe seine Laufbahn startete hieß sein erster Praktikant Matthias Reinschmidt.