In Meßstetten im Zollernalbkreis entsteht nach Karlsruhe die zweite Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge. Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) beantwortete Sachfragen der Bevölkerung, die den Plan grundsätzlich befürwortet.

Meßstetten - Eintausend Flüchtlinge werden noch vor dem Wintereinbruch in einer Kaserne in Meßstetten (Zollernalbkreis) untergebracht. Daran kann es nach einer mit mehr als 600 Bürgern überaus gut besuchten Bürgerinformation keinen Zweifel mehr geben, auch wenn die Rechtsverordnung des Integrationsministeriums noch aussteht. Auf der Versammlung wurde deutlich, dass die überwältigende Mehrzahl der Bürger die Flüchtlinge willkommen heißen wird. Die wenigen fremdenfeindlichen Äußerungen wurden von Buhrufen sofort erstickt. „Ich bin überwältigt von ihrem Einsatz, ihrem Engagement und ihrer Menschlichkeit“, erklärte Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) am Ende der knapp zweistündigen Veranstaltung.

 

Weil rechtsradikale Gruppen ihre Anwesenheit angekündigt hatten, war die Versammlung von einem großen Polizeiaufgebot gesichert worden. Doch offenbar beschränkten sich rechte Parolen und Schmähungen gegen Flüchtlinge auf das Internet. Nahezu alle Fragen und Diskussionsbeiträge der Meßstettener Bürger – nur sie durften sich im Saal äußern – waren konstruktiv. Die wenigen Befürchtungen bezogen sich auf einzelne Fragen und wurden von Öney, dem Ministerialdirektor ihres Ministeriums, Professor Wolf Hammann, Landrat Günther-Martin Pauli und der Tübinger Regierungsvizepräsidentin Grit Puchan im Detail beantwortet und Ängste weitgehend zerstreut. Für Grit Puchan geht es jetzt um die praktische Umsetzung des Projekts, um Betreuung, ärztliche Versorgung, Freizeitaktivitäten, die Einrichtung von Kindergärten und Begegnungsstätten. „Ich habe mehr kritische Fragen erwartet“, erklärte sie nach der Veranstaltung; dass dieses Projekt so positiv aufgenommen wurde, „ist nun aber auch Verpflichtung für uns“.

Die Integrationsministerin lässt Fakten sprechen

Die Bevölkerung sei verunsichert, sie wisse nicht, was auf sie zukommt, äußerte Meßstettens Bürgermeister Lothar Mennig am Beginn des Abends. Doch auch er sagte bereits, dass die negativen Meinungen nicht repräsentativ seien und überwiegend von außen in die Stadt getragen würden. Bilkay Öney warb anschließend mit Fakten für die kurzfristige Nutzung dieser Kaserne. Mehrfach betonte sie, dass diese zweite Landeserstaufnahmestelle in Baden-Württemberg nur bis 2016 in Meßstetten angesiedelt werde. Grundsätzlich muss Baden-Württemberg von 170 000 bundesweit erwarteten Flüchtlingen 23 000 aufnehmen. Bisher werden sie alle für drei bis sechs Wochen in der bisher einzigen Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe und deren Zweigstelle in Mannheim untergebracht. Angesichts dramatisch gestiegener Flüchtlingszahlen reichen die Kapazitäten in Karlsruhe nicht mehr aus.

Laut Ministerialdirektor Hammann habe man im ganzen Land nach Standorten gesucht, wo Flüchtlinge ihre ersten Wochen in Deutschland verbringen können. Liegenschaften von Bund und Land standen offenbar kurzfristig nicht bereit. Nur die Kaserne in Meßstetten könne bis zum Winter so hergerichtet werden, dass sie Flüchtlinge aufnehmen kann. Zwar liege Meßstetten nicht eben verkehrsgünstig, „aber Heizung und Wasser laufen, die Räume sind geeignet“, sagte Hammann.

Land übernimmt Sicherheit und ärztliche Betreuung

Das Land kümmert sich um ärztliche Betreuung sowie die Sicherheit in und außerhalb der Kaserne. So sollen Sicherheitsdienste eingesetzt und Polizeistreifen verstärkt werden. Während der Diskussion wurden nur ganz wenige Befürchtungen hinsichtlich dieser Menschen in Not geäußert. Aber einige Redner nannten ihren Namen nicht – und zwar aus Furcht vor den Neonazis.