Tommy Haas ist in Wimbledon nicht über die zweite Runde hinausgekommen. Der 37-Jährige verlor sein Match gegen den Kanadier Milos Raonic in vier Sätzen.

London - Tommy Haas hat sich bei seiner 15. Wimbledon-Teilnahme ehrenvoll verabschiedet. Der älteste Spieler im Hauptfeld des traditionsreichsten Tennisturniers der Welt unterlag am Mittwoch dem kanadischen Aufschlaghünen Milos Raonic 0:6, 2:6, 7:6 (7:5), 6:7 (4:7). Haas demonstrierte nach den völlig verkorksten ersten beiden Sätzen unbändigen Willen und nicht für möglich gehaltene Kampfkraft.

 

Erst nach zweieinhalb Stunden machte der Vorjahres-Halbfinalist mit dem fünften Matchball den Erfolg perfekt. Haas verschwand mit einem kurzen Winken von Court 1 und wurde von Raonic mit einem Kompliment bedacht. „Er hat angefangen, aggressiver zu spielen und mir Probleme bereitet“, sagte Raonic, dem mit einem Aufschlag von 233 Kilometern pro Stunde das drittschnellste Service der Turniergeschichte gelang.

Der 1,96 Meter große Hüne trifft beim dritten Grand-Slam-Turnier der Saison an diesem Freitag auf den Australier Nick Kyrgios. Haas dagegen schied als sechster von anfangs acht deutschen Herren aus. Ob der 37-Jährige im kommenden Jahr noch einmal in den All England Lawn Tennis And Croquet Club zurückkehren wird, ist offen. Am Ende des Jahres werde er entscheiden, ob er seine Karriere fortsetzt, hatte er zuletzt immer betont.

An guten Tagen kann es der ehemalige Weltranglisten-Zweite noch immer mit der Durchschnitts-Konkurrenz wie seinem Erstrunden-Gegner Dusan Lajovic aus Serbien aufnehmen. Und auch einen Mann aus der erweiterten Weltspitze wie den an Nummer fünf gesetzten Raonic konnte der gebürtige Hamburger noch ein wenig ärgern.

Anfangs sah alles nach einem Debakel für Haas aus

Anfangs sah alles nach einem Debakel für Haas aus. Noch immer sichtlich gehandicapt nach seiner vierten Schulteroperation schlug er teilweise rund 50 Stundenkilometer langsamer auf als sein Gegenüber und wirkte zu Beginn völlig verloren und hilflos. Ganze sechs Punkte machte er im gesamten ersten Satz, der nach nur 18 Minuten beendet war. Der anfänglich freundliche Applaus für den nimmermüden Tour-Veteranen Haas schlug allmählich in eher mitleidsvolles Klatschen um. Seine ersten beiden Aufschlagspiele verlor er zu Null - und in die Nähe eines Breaks kam er nie.

Dabei hatten die Organisatoren die Bitte des Halbfinalisten von 2009 nach einem „hoffentlich großen Platz“ offensichtlich erhört und Raonic und Haas in die zweitgrößte Arena der Anlage geschickt. Der 11 000 Zuschauer fassende Court 1 war im ersten Spiel des Tages gut gefüllt, denn Haas ist mit seiner wechselvollen Wimbledon-Geschichte mit Verletzungen, Aufgaben und Krankheiten, aber eben auch dem begeisternden Halbfinal-Einzug 2009 noch immer eine Attraktion.

Und genau diese Qualitäten zeigte er auch gegen Raonic wieder. Den dritten Satz gewann er im Tiebreak, legte sich einen Eisbeutel in den Nacken und suchte immer wieder den Blickkontakt mit seinem Trainer Alexander Waske und seiner mitfiebernden Verlobten Sarah Foster.

1997 schlug der damals 19-Jährige zum ersten Mal an der Church Road auf. Nach seinem Erstrunden-Sieg 18 Jahre später sprach er von einer „Hassliebe“ zu den grünen Grashalmen, die er früher nur als Futter für Kühe betitelte. Mittlerweile schätzt Haas die ganz spezielle Wimbledon-Atmosphäre, die die begeisterten Zuschauer auch im Match gegen Raonic vermittelten. Ob er 2016 wiederkommt, ist noch offen.