Die Täter des Heilbronner Polizistenmordes scheinen ermittelt, aber viele Details müssen nun neu eingeordnet werden. Ein Fragenkatalog.

Heilbronn - Ein Jahrzehnt lang hatten die Ermittlungsbehörden keine heiße Spur im Fall der Döner-Morde. Ebenso ungeklärt war der Heilbronner Mord an der Polizistin Michéle Kiesewetter von 2007. Doch auch nach der Verhaftung zweier Verdächtiger und dem Fund zweier Leichen bleiben viele Fragen offen.

 

Die Täter haben am helllichten Tat gemordet. Warum sind sie ein so hohes Risiko eingegangen?

Auch erfahrene Ermittler der Operativen Fallanalyse attestieren den Tätern eine hohe Risikobereitschaft. Offenbar haben sie die Tatorte genau ausgespäht. Das Vorgehen ist aber auch ein Indiz dafür, dass die Täter am Tatort nicht bekannt waren, also auch keine Angst hatten, erkannt zu werden. Auch wenn später Täterbeschreibungen im Umlauf sind.

Ein weiteres Entdeckungsrisiko: Die Täter haben im Fall der Döner-Morde immer dieselbe Waffe benutzt.

Das kann einerseits darauf hindeuten, dass den Tätern keine andere Waffe zur Verfügung stand. Wer immer dieselbe Waffe benutzt, macht damit aber auch den Seriencharakter seiner Taten deutlich - und setzt damit indirekt doch Zeichen.

Ist, wer die Tatwaffe besitzt, auch immer Täter?

Nein. Es müssen noch andere Verdachtsmomente verifiziert werden, um das sagen zu können.

Ist es sehr wahrscheinlich, dass zwei Bankräuber nach geglücktem Raub Selbstmord begehen?

Das ist auch für erfahrene Kriminalisten eines der großen Rätsel in diesem Fall. "Das ist eine Frage, die wir uns stellen", sagt einer. "Das ist kein typisches Täterhalten", ergänzt ein Kollege.

Was hat der Heilbronner Mord mit den übrigen Mordfällen zu tun?

Darauf gibt es noch keine Antwort. In den Ermittlungen hat die Herkunft des Opfers aus Thüringen immer eine Rolle gespielt, versichern die Zuständigen. Aber das war nur eine Spur unter vielen. Jetzt wird sie wieder intensiver verfolgt.

Warum gibt es in den Döner-Morden bis zuletzt kein Bekennerschreiben?

Die fehlende Botschaft ist das, was auch langjährige Fallanalytiker davon abgehalten hat, eine politisch motivierte Tat anzunehmen.

Sind Vergleiche der Täter zu den RAF-Terroristen zulässig, von denen mehrere ebenfalls jahrelang im Untergrund lebten und mordeten?

Das lässt sich nicht vergleichen, sagt der Münchner Kriminalpsychologe Georg Sieber. Die Neonazis hätten, anders als die RAF-Mitglieder, "keine missionarische Tendenz" erkennen lassen. "Das ist eine ganz andere Art von operativem Modell. Die wollten möglicherweise einfach Leute abstrafen, die - aus ihrer Sicht - unsere deutsche Heimatküche mit ausländischen Speisen vergiften." Seiner Meinung nach, sagt Sieber, sind die Männer insgeheim stolz darauf gewesen, "dass sie Ernst gemacht haben", anders als Teile der deutschen Öffentlichkeit, die nur ausländerfeindlich redeten.

Gibt es in der Kriminalgeschichte ähnlich gelagerte Serienfälle?

Durchaus, sagt Sieber. "Gucken Sie im Internet mal unter Prostituierten- oder Schwulenmorde, da finden sich ebenfalls viele Serientaten." Auch in solchen Fällen sei für die Täter Rache und Bestrafung das Hauptmotiv, das öffentliche Bekenntnis sei unwichtig oder komme an nachgeordneter Stelle.