Einst waren in der Schwabenbräu-Passage in Bad Cannstatt ein Kino und ein Hotel. In dem Heinz Rühmann übernachtete – und Pelé. Bis zum Abriss wird sie anderweitig genutzt.

So viel Rummel, Lametta und Aufmerksamkeit ist selten in dem Stück Straße zwischen Bahnhof und Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt. Ist es doch der Gegenentwurf zum Dorotheen-Quartier. Ein Quäntchen in Stuttgart sonst ungekannter rauer Urbanität: Dort finden sich Menschen und Läden, die anderswo keinen Platz haben. Nun will die Stadt das Quartier aufwerten, auch wegen der Fußball-EM 2024. Dabei spielt die Schwabenbräu-Passage eine zentrale Rolle. Sie gehört der Stadt seit 2020. Und soll mit Leben gefüllt werden.

 

Hoher Besuch

Deshalb waren auch Kulturamtsleiter Marc Gegenfurtner, sowie Bernhard Grieb, Leiter der städtischen Wirtschaftsförderung da. Sie luden zur Eröffnung und einem Rundgang durchs Haus. Im Erdgeschoss ist die Neue Arbeit eingezogen, dort kann man sein Rad reparieren lassen. Das DRK hat dort seine Kleiderkammer eröffnet, die Volkshochschule will einziehen. Allerdings wird dies erst im September so weit sein, der Aufzug ist bestellt aber noch nicht geliefert. Im ersten Obergeschoss hat sich Fläche e.V. eingemietet. In dem Verein, auch bekannt unter dem Arbeitstitel Prisma, haben sich mehrere Menschen zusammengetan, die dem alten, tristen Klotz neues Leben einhauchen wollen. Ein Club namens Sunny High bespielt die Räume, eine Ateliergemeinschaft ist in die ehemaligen Büros der Polizisten vom Landeskriminalamt eingezogen. Die Palermo Galerie fand sich lange Zeit an der Olgastraße, nun wird sie mit ähnlichem Konzept nach Bad Cannstatt transferiert. Auch Commons Kitchen ist eingezogen, mit von Supermärkten aussortierten Lebensmitteln wird gekocht und gegessen. Kostenlos. Im Legal Café können sich Migranten Rat holen. Zudem sind diverse Akteure aus Kultur und Kreativwirtschaft mit im Haus.

Große Geschichte

Einstmals war das Viertel ein Renommierviertel. Das Viktoria-Theater war hier, im Bayerischen Hof bat man zum Tanztee, der VfB-Kicker Kalli Barufka betrieb eine Bar, es gab mehrere Restaurants. Noch Anfang der 50er Jahre, erinnert sich Alexander Laub, einstiger Pächter der Bahnhofsgastronomie, warteten am Bahnhof die Pagen mit weißen Handschuhen auf die Hotelgäste. Damals wurde von der Brauerei auch das Hotel Schwabenbräu neu gebaut und dazu gleich ein Kino – die Schwaben-Lichtspiele. Pächter war der Rock-’n’-Roller Peter Kraus. Unter den Gästen waren die Filmstars der Wirtschaftswunderzeit wie Luis Trenker, Hans Moser, Heinz Rühmann, Harald Juhnke oder Marianne Koch. Auch Pelé übernachtete 1963 hier, als sein FC Santos beim VfB spielte. Als Hotelpächter Emil Bruder 1970 die Leitung des Hauses seinen Söhnen übertrug, mussten die sich verpflichten, keinen Most auszuschenken. Sonst drohte die sofortige Kündigung durch die Brauerei.

Was ist geplant?

Nach dem Umbau entstand gegen 1990 die Passage, doch die Mieter gaben sich die Klinke in die Hand. Für die Passage gilt wie fürs gesamte Bahnhofsquartier, was ein Gutachterbüro festgestellt hat: „Auffällig ist der hohe Anteil an Spielhallen, Wettbüros,Imbissbetrieben und Internetcafés.“ Seit Jahren schon versucht die Stadt gegenzusteuern. Von 2026 an will die Stadt das ganze Quartier umbauen. Dann bekommt man Zugriff auf das Parkhaus an der Eisenbahnstraße und das Gebäude an der Ecke, in dem McDonald’s war. Bis dahin soll die Passage belebt werden.