Zypern erhofft sich wirtschaftliche Impulse vom Glücksspiel. Bald soll die erste Konzession für ein Spielkasino vergeben werden.

Zyperns bisheriges Geschäftsmodell als Finanzzentrum und Steuerparadies ist am Ende. Die Kunden der zyprischen Banken müssen bluten. Wer mehr als 100 000 Euro auf dem Konto hat, verliert möglicherweise mehr als die Hälfte seines Geldes. Nach diesem Schock dürfte es den Zyprern schwerfallen, in den nächsten Jahren wieder Anleger und Investoren auf ihre Insel zu locken. Damit der Geldstrom nicht ganz versiegt, setzt die Regierung jetzt aufs Glücksspiel: Schon bald soll das erste Spielcasino öffnen.

 

Finanzdienstleistungen waren bisher eine der beiden wichtigsten Säulen der zyprischen Wirtschaft. Das zweite Standbein der Zyprer ist der Tourismus. Doch die Insel kämpft mit Wettbewerbsnachteilen: Sie gilt als teuer und ist von ihrem wichtigsten Markt Großbritannien weiter entfernt als Ziele im westlichen Mittelmeer, Griechenland oder die Türkei. Zypern braucht mehr als Sonne und Strand, wenn es seinen Tourismussektor weiter nach vorn bringen will. Seit Jahren wird auf der Insel darüber diskutiert, Spielcasinos zu legalisieren. So könnte man auch im Winter Gäste anlocken. Doch der bis Ende Februar amtierende zyprische Präsident Dmitris Christofias, ein noch in der UdSSR gedrillter Altkommunist, lehnte die Idee strikt ab. Eine 2007 erstellte Studie der zyprischen Tourismusbehörde zur Entwicklung der Glücksspielbranche ließ Christofias bei seinem Amtsantritt im Jahr 2008 stornieren. Vor einem Jahr schlug der damalige Finanzminister Kikis Kazamias vor, Casinokonzessionen zu vergeben, um die Finanzmisere der Insel zu lindern. Christofias lehnte diese Idee erneut ab. Auch die mächtige orthodoxe Kirche Zyperns wollte vom Glücksspiel nichts wissen.

Der konservative Staatspräsident Nikos Anastasiades dagegen erhofft sich vom Glücksspiel Impulse für die Wirtschaft der Insel, die einer tiefen Rezession entgegengeht. Schon bald soll die erste Casinokonzession vergeben werden, kündigte Anastasiades jetzt in einem Interview mit der Zeitung „Phileleftheros“ an. Als Gäste der geplanten Spielbanken kommen vor allem betuchte Besucher aus dem Nahen Osten infrage. Aber auch die Zyprer gelten, wie die Griechen, als begeisterte Spieler. Die Studie aus dem Jahr 2007 beziffert die möglichen Einnahmen des Staates aus dem Glücksspiel auf 35 bis 50 Millionen Euro im Jahr. Neue Hotels und luxuriöse Resorts könnten damit entstehen. Manche Zyprer sehen ihre Insel bereits als ein „Las Vegas des Mittelmeeres“.

Mit der Vergabe von Casinokonzessionen hofft die griechisch-zyprische Regierung endlich auch dem türkisch besetzten Norden der Insel Paroli zu bieten. Dort gibt es rund 25 Spielbanken. Nordzypern hat sich in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Reiseziel für Spieler entwickelt. Sogar Chinesen kommen zu den Glücksspiel-Turnieren auf die Insel. Auch viele griechisch-zyprische Zocker zieht es Abend für Abend in den Norden, wo sie pro Jahr geschätzt sechs Millionen Euro verspielen. Unter dem Strich setze die Casinobranche in Nordzypern pro Jahr rund 600 Millionen Dollar um, berichtet Ayhan Saricicek vom Verband der türkisch-zyprischen Casinomanager.