Stellen Sie sich einen heißen Julitag in der Stuttgarter Innenstadt vor. Die Luft flimmert über dem Asphalt, die Sonne brennt unbarmherzig auf die Dächer, die Temperaturen klettern deutlich über die Marke von 35 Grad. Im Schatten eines Baumes sitzt eine ältere Frau auf einer Parkbank und fächelt sich Luft zu. „Früher war es hier angenehmer“, sagt sie, „aber die Sommer werden immer heißer“. Ein paar Meter weiter spielen Kinder auf einem Spielplatz, der nur wenig Schatten bietet. Die Hitze ist allgegenwärtig, die Stadt ächzt unter der Sonne. Eine Szenerie, die sich so oder ähnlich in den vergangenen Jahren immer häufiger in Stuttgart, aber auch vielen anderen deutschen Städten abgespielt haben dürfte.
Mit der fortschreitenden Urbanisierung und dem Klimawandel stehen Kommunen vor der Herausforderung, das Stadtklima zu verbessern und die Lebensqualität ihrer Bewohner zu erhalten. Im Jahr 2023 lebten rund 77,77 Prozent der Gesamtbevölkerung Deutschlands in Städten, das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamts hervor. Der Trend zur sogenannten Urbanisierung hält seit vielen Jahren an, der Studie zufolge waren es 1990 noch 73,1 Prozent der Bundesbürger, die in Städten lebten.
Hitzeinseln entstehen
Die zunehmende Versiegelung von Flächen, der Rückgang von Grünflächen und die steigenden Temperaturen führen zu einer Verschlechterung des Stadtklimas, da sind sich die Wissenschaftler einig. Hinzu kommt, dass die Erderwärmung voranschreitet: So erlebte Deutschland 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) berichtet hatte. Eine der Folgen: Hitzeinseln entstehen, die Luftqualität nimmt ab, die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum leidet.
Um dem entgegenzuwirken, setzen viele Städte inzwischen auf nachhaltige Konzepte zur Begrünung. Das ist nur folgerichtig: Grünflächen in Städten bieten nicht nur ästhetische Vorteile, sondern tragen auch zur Verbesserung der Luftqualität bei, mildern Hitzeinseln ab und fördern die Biodiversität. Initiativen wie die Begrünung von Dächern und Fassaden, die Anlage von Parks und die Integration von Grünstreifen entlang von Straßen sind Beispiele für Maßnahmen, die Städte ergreifen.
In vielen Bundesländern zeigt sich, wie vielfältig Begrünungsprojekte aussehen können. Sowohl Bürgerinitiativen bringen sich ein, aber auch städtische Programme bis hin zu interdisziplinären Konzepten lassen sich beobachten. Die Ansätze sind ebenso unterschiedlich wie die Städte selbst. Doch die Umsetzung solcher Projekte ist nicht ohne Herausforderungen. Fragen der Finanzierung, Pflege und Akzeptanz durch die Bevölkerung müssen geklärt werden. Zudem besteht die Gefahr der Gentrifizierung, wenn Aufwertungsmaßnahmen sozial durch schwächere Gruppen verdrängt werden.
Zentrale Rolle der Bäume
Bäume spielen eine zentrale Rolle in der Stadtbegrünung. Ein ausgewachsener Laubbaum verdunstet an einem heißen Sommertag bis zu 400 Liter Wasser und kühlt somit seine Umgebung ab, heißt es auf der Webseite der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW). Außerdem sind sie als Schattenspender wertvoll: Mit 15 Metern Kronendurchmesser könne laut SDW ein Laubbaum eine Fläche von 160 Quadratmetern mit seinem Schatten kühlen. Und weiter: Eine 100-jährige Buche binde bis zu einer Tonne Staub im Jahr. Nicht zuletzt seien Bäume ein wichtiger Lebensraum für Tiere und Insekten.
Attraktives Stadtbild
Wirtschaftlich können Städte ebenfalls von mehr Grün profitieren. Attraktive Stadtbilder ziehen Unternehmen an, erhöhen die Lebensqualität für Mitarbeitenden und steigern auch noch den Wert von Immobilien. Zudem können Grünflächen helfen, Kosten durch Klimafolgen wie Starkregen zu reduzieren, wie aus dem Zensus-Atlas des Statistisches Bundesamts hervorgeht.
Alles das kostet aber auch Geld. Unterstützung erhalten Städte von verschiedenen Organisationen und Programmen. Stiftungen wie „Die grüne Stadt“ oder Initiativen wie„Grün in die Stadt“ bieten Beratung und finanzielle Hilfe. Auch die Europäische Union fördert mit Projekten wie „LIFE“ umweltfreundliche Stadtentwicklungen.
Die Rückkehr des Grüns in die Städte ist mehr als ein ästhetisches Anliegen - sie ist eine Notwendigkeit im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels und für eine lebenswerte urbane Zukunft.
rab