Muss heutzutage jeder studieren? Diese Frage hört man immer wieder. Laut Dr. Wolf Bonsiep, dem Ausbildungsleiter des Bosch Standorts Feuerbach, lautet die Antwort ganz klar nein. „Gut qualifizierte Fachkräfte werden immer gesucht sein“, betont er. „Die Erfahrung zeigt, eine Ausbildung lohnt sich in vielerlei Hinsicht als Start ins Berufsleben“, führt er fort. Das gehe mit vielseitigen Karriere- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten nach der Ausbildung einher. Gleichzeitig hebt er hervor, dass eine Ausbildung, die vielseitige praktische Erfahrungen mit sich bringe, auch ein idealer Ausgangspunkt für ein späteres Studium sei.
Stefan Ziegler, der Ausbildungsleiter von Bosch am Standort Schwieberdingen stellt fest, dass die Wahl zwischen Ausbildung und Studium vielen jungen Menschen Schwierigkeiten bereite. „Sie möchten sich nicht vorschnell für einen Weg entscheiden und streben daher an, sich verschiedene berufliche Optionen offen zu halten“, ergänzt er. „Aus diesem Grund arbeiten wir bei Bosch daran, Modelle zu entwickeln, die den Übergang von der Ausbildung zum Studium erleichtern oder sogar gleich ein Studium direkt mit der Ausbildung verknüpfen.“ In Schwieberdingen wird in Zusammenarbeit mit der Hochschule Esslingen der kooperative Studiengang „eMobility“ angeboten, der eine Mechatronik-Ausbildung effizient mit einem Studium verzahnt. Am Ende haben die Absolventen ein breites praktisches wie theoretisches Verständnis des gesamten elektrifizierten Fahrzeugs. Bosch bietet ferner in Feuerbach das Modell „StudyFlex“, das begleitend zur Ausbildung ein Online-IT-Studium ermöglicht. Flexibel kann man Fokusthemen und Geschwindigkeit des Studiums auf die persönliche Situation abstimmen.
Janine, du studierst in einem solchen Hybridmodell. Kannst du beschreiben, was StudyFlex ist und wie du dazu gekommen bist?
Durch StudyFlex habe ich bei Bosch die Möglichkeit, neben meiner Ausbildung zur Fachinformatikerin ein IT-Studium meiner Wahl aufzunehmen, in meinem Fall Wirtschaftsinformatik. Ich hatte bereits vorher im Bereich Wirtschaft studiert. Danach habe ich mich entschlossen, in die Informatik zu gehen. Zu diesem Zeitpunkt war ich absolute Programmieranfängerin. Da ich Programmieren an Projekten aus der Praxis lernen wollte, habe ich mich für eine Ausbildung entschieden. Auf Empfehlung meines Ausbilders habe ich mich kurz nach dem Ausbildungsbeginn für das zusätzliche Studium entschieden.
Wie sieht dein Alltag mit dem „StudyFlex“-Modell aus?
Montags, dienstags und donnerstags arbeite ich in meiner Einsatzabteilung bei Bosch. Hierbei wechsle ich alle sechs Monate die Abteilung innerhalb des Unternehmens. Mittwochs besuche ich mit den anderen Auszubildenden die Berufsschule und freitags gibt mir Bosch Zeit für Studieninhalte. Aktuell schreibe ich meine Abschlussarbeit im Bereich der Künstlichen Intelligenz, bei der es darum geht, Bilder einer Ultraschallprüfung auf Fehler zu untersuchen.
Wie gelingt es dir, deine Ausbildung und dein Studium unter einen Hut zu bekommen?
Ich profitiere davon, dass ich mein Wissen aus der Ausbildung mit dem Studium verbinden kann. Es gab schon oft Situationen, in denen ich gemerkt habe: „Hey, das hatte ich ja schon in der Ausbildung oder in der Einsatzabteilung in echt gesehen.“ Ich bin sehr motiviert und werde das Studium sogar bereits während meiner Ausbildung abschließen. Damit bin ich aber eher eine Ausnahme. Ich bin bereit nach Feierabend und am Wochenende viel Zeit in mein Studium zu investieren. Es ist aber auch eine gute Lösung das Studium während der Ausbildung zu beginnen und erst nach Abschluss der Ausbildung zu beenden.
Was bringt dir „StudyFlex“?
An StudyFlex gefällt mir, dass es perfekt zu meinem Lerntyp passt. Bei der Hochschule handelt es sich um eine Fernhochschule ohne Vorlesungen. Die Zeit, die normalerweise für die Vorlesung benötigt wird, kann ich mir so frei für selbstständiges Lernen einteilen. Das ist praktisch, wenn in der Ausbildung oder Privat mal viel ansteht.
Hast du bereits Pläne für deine berufliche Zukunft?
Ich möchte auch zukünftig als Informatikerin bei Bosch tätig sein. Aktuell bewerbe ich mich auf Übernahmestellen.
Was rätst du anderen, die überlegen, „StudyFlex“ zu wählen?
Wenn du dich nicht zwischen Ausbildung und Studium entscheiden willst, ist es ideal. Überlege dir vorab, was für ein Lerntyp du bist.
Ein Studium erfordert viel Selbstdisziplin. Kannst du dir Inhalte selbst aneignen? Kannst du dir einen Zeitplan erstellen, den du konsequent und motiviert umsetzt?
Johannes, du hast einen anderen Weg gewählt. Du studierst kooperativ. Was ist das für ein Modell und wie unterscheidet es sich vom dualen Studium?
Das kooperative Studium ist ein fünfjähriges Ausbildungs- und Studienmodell. Es beginnt mit einer IHK-Ausbildung und geht in ein Hochschulstudium über. Die ersten zwei Semester werden bereits innerhalb der IHK-Ausbildungszeit absolviert. In meinem Fall ist das der Studiengang Elektrotechnik mit Vertiefung Elektromobilität und KFZ-Elektronik der Hochschule Esslingen.
Im Unterschied zum dualen Studium kann ich mir meine Zeit während des Studiums größtenteils frei einteilen. Wie auch im dualen Studium erhalte ich eine monatliche Vergütung.
Fünf Jahre sind ziemlich lange, oder?
Die Zeit ist sehr abwechslungsreich und vergeht wie im Flug. Ich dachte zu Beginn auch, dass fünf Jahre sich länger anfühlen müssen als sie es jetzt tun.
Aus welchem Grund hast du dich für das kooperative Studium entschieden?
Vor sechs Jahren habe ich den Berufsinfotag von Bosch besucht. Dort wurde das kooperative Studium vorgestellt. Das war für mich direkt sympathisch, da ich mich so nicht zwischen Ausbildung und Studium entscheiden musste.
Wovon profitierst du beim kooperativen Studium?
Dass ich nicht nur in der Vorlesung sitze, sondern auch was mit meinen Händen mache. Durch die Ausbildung war ich auch gut auf das erste Semester vorbereitet. Außerdem konnte ich mir bereits ein großes Netzwerk bei Bosch aufbauen. Ich schreibe aktuell meine Bachelorarbeit im Unternehmensbereich „eBike“ in der Steuergeräteentwicklung. Dort habe ich auch mein Praxissemester verbracht. Meine Ausbildung habe ich in Schwieberdingen begonnen und in der Forschung in Renningen abgeschlossen.
Und was rätst du Interessierten?
Den Berufsinfotag zu besuchen und sich trauen, die Bewerbung abzuschicken. Elektrotechnik kann sich herausfordernd anhören, aber wenn man am Ball bleibt, bekommt man das schon hin!