Matthias Weber hat im November gemeinsam mit Steffen Pflüger die Gaststätte Becher übernommen. Die gute Botschaft ist: Die neuen Pächter wollen das Konzept zwar dezent modernisieren, setzen aber ansonsten auf Tradition.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Erst mal der Schock: Die Tafel mit den Spezialitäten des Tages ist leer. Das Licht ist gedimmt. Und weit und breit kein Niko, der die Gäste mit Handschlag begrüßt, weil die meisten von ihnen seit Jahren in den „Becher“ kamen. Stattdessen eine sehr unfreundliche Bedienung, die keine Auskunft geben mag, was aus Doris und Nikolaus Blumhardt-Agorastos geworden ist. Die beiden haben das Restaurant hinter der Staatsgalerie Stuttgart zu einer Institution in der Stadt gemacht? War’s das nun mit dem „Becher“?

 

Das Mobiliar bleibt erhalten

Aber nein, Matthias Weber winkt ab. Er hat im November gemeinsam mit Steffen Pflüger die Gaststätte übernommen, nachdem die Vorgänger sich zur Ruhe gesetzt hätten. Die gute Botschaft ist: Die neuen Pächter wollen das Konzept zwar dezent modernisieren, setzen aber ansonsten auf Tradition. Das Mobiliar bleibt erhalten, auch Teile der Dekoration. Der Wein wird weiterhin in Viertelesgläsern serviert. Und auch auf der Karte findet sich weiterhin schwäbische Küche mit Rostbraten, Spätzle oder Kutteln. Auch das traditionsreiche panierte Schnitzel (13,90 Euro) gibt es noch, allerdings ist es sehr dünn und am Rand etwas angebrannt. Die Bratkartoffeln dagegen sind sehr fettig und ganz und gar salzlos.

Der Salat mit Pute ist mit einem Preis von 11,20 Euro etwas teurer geworden, allerdings nicht besser. Die Fleischstücke sind blass, fest und ein wenig fad. Dafür sind die Blattsalate und der Kartoffelsalat sehr sauer. Die Auswahl an Rohkost ist üppig, aber der Karottensalat und das Kraut sind viel zu süß. Brot wird dazu leider auch nicht serviert.

Der Chef bedient persönlich

Neuer Versuch: diesmal bedient der Chef persönlich und man merkt, dass die neuen Inhaber sich nicht nur ins gemachte Nest setzen wollen, sondern engagiert und freundlich sind. Die Tische sind alle belegt – und die Küche hat ihre liebe Not, nachzukommen. Das Gemüseflädle (10,50 Euro) wird mit einer schönen, großen Portion Salat serviert, der zwar wieder recht sauer, aber genießbar ist. Das Flädle scheint selbst gemacht zu sein und wurde mit lauwarmem Lauchgemüse gefüllt. Lecker ist dazu die hausgemachte Ingwerlimonade (3,50 Euro), die frisch und nicht zu süß ist.

Zum Nachtisch nehmen wir noch einen Ofenschlupfer (5,80 Euro). Er wird in einer Schale mit schön cremigem Vanilleschaum serviert, der geschmacklich ordentlich, aber unspektakulär ist. Der Ofenschlupfer ist allerdings von der Konsistenz eher wie ein Omelett geraten, grad so, als habe man die Masse nicht umgerührt. Leider schmeckt er nach nichts außer eben Ei.

Doch, der Becher wird sich bestimmt mausern und sicher weiterhin eine beliebte Adresse für Theater- und Museumsbesucher sein, für Schauspieler und die Mitarbeiterschaft von Gericht und Landtag. Die Küche muss sich allerdings schon noch ein bisschen anstrengen.