Der neue Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin ist von der Außenstelle Tennhof begeistert und will nichts verändern.

Das Geschrei dringt manchmal bis Oeffingen, doch es ist nicht der neue Chef, der auf dem Tennhof herumbrüllt. Thomas Kölpin, seit 1. Januar Direktor der Stuttgarter Wilhelma und damit auch der Außenstelle auf dem Tennwengert, ist eher ein Mann der leisen Worte. Obwohl der „Original-Hanseat“ nicht dem unterkühlt-nordischen Klischee entspricht. Der promovierte Verhaltensbiologe („Wie Konrad Lorenz“) ist lebhaft, eloquent – und ein begeisterter Verfechter seiner tierischen und pflanzlichen Anliegen.

 

Aber auch um menschliche Bedürfnisse muss sich der 45-Jährige kümmern: Immerhin ist er auch noch Chef von 300 Mitarbeitern, die er nach und nach kennen gelernt hat. Denn die Wilhelma als großes Unternehmen ist nicht nur für Ameisenbären und Zebras, für Artischocken und Zedern zuständig, sondern auch noch für sieben Außenstellen: sechs sind für die Pflege sämtlicher Landesparks verantwortlich, die siebte – bei Oeffingen – als einzige für Wohl und Wehe tierischer Zwei- und Vierbeinern. Außerdem kommen jährlich etwa 2,3 Millionen Besucher in den zoologisch-botanischen Garten. Das läuft natürlich auch nicht nur reibungslos ab. Vor allem, wenn manche „Scherzbolde“ meinen, sie müssten etwas ins Gehege werfen. „Man kann die Tiere nicht 100-prozentig schützen“, sagt Thomas Kölpin, „sonst müssten wir alles überdachen.“ Aber wenn etwas bei den Tieren landet, dann ist es laut dem Direktor „meist ein Versehen, über das wir schnell informiert werden“.

Leckeres Frühstück für die tierischen Bewohner. ps Im Tennhof können die Tiere ohne Besucher entspannen

Dieses Problem taucht im Tennhof glücklicherweise nicht auf, denn es gibt keine Besucher. Dort können die Wildtiere ein ruhiges und stressfreies Leben führen. Entsprechend euphorisch zeigt sich Thomas Kölpin über die Einrichtung: „Ich bin begeistert, dass es diese Außenstelle gibt. Es sind nicht viele Zoos, die diese Möglichkeit des Zwischenparkens haben.“ Zum Beispiel als Quarantäne-Station für beschlagnahmte Tiere, für ein Zuchtprojekt oder als Refugium für tierische Machos, um ihnen „Beschädigungskämpfe“ zu ersparen.

Der Somali-Wildesel-Hengst Gigolo zum Beispiel darf nach seinen Einsätzen in der Eselstutenherde am Neckar immer wieder auf den Tennhof zurück, um Kraft zu tanken. Dann gibt es auch noch den Poitou-Hengst Nepomuk, der sich dort zurzeit mit zwei privaten Stuten vergnügen darf. Er ist zwar kein Wildtier, aber „diese französische Eselrasse ist fast ausgestorben, weil sie als Arbeitstiere nicht mehr benötigt werden“, sagt Thomas Kölpin. In solchen Fällen unterstützt die Wilhelma, die einen Schaubauernhof hat, auch private Zuchtbemühungen – natürlich nicht kostenlos: Es muss ein Deckgeld gezahlt werden. Deshalb kann sich der Biologe, der privat Schlangen hält, gar nicht genug freuen, dass ihm diese Außenstelle „viele Dinge erleichtert“.

Stünde mehr Fläche zur Verfügung, könnte sich Thomas Kölpin ein Hof-Café vorstellen

Deshalb hat er auch nicht vor, irgendetwas auf dem Tennhof zu ändern. Es sei denn, der Pachtvertrag des Landes mit der Firma Südzucker liefe aus und es stünde mehr Fläche zur Verfügung: „Da hätte ich viele zoologische Ideen“, sagt der promovierte Biologe. Er würde dann – mit einem Augenzwinkern – auch ein Hof-Café nicht ausschließen. Angesichts der Idylle auf dem Tennhof sicher ein Renner. Aber das ist natürlich reine Utopie.

Bis dahin kümmert sich der Wilhelma-Direktor ums Reale. So hat er seit Januar „ein paar kleinere Veränderungen veranlasst, die Hallen und Häuser durch mehr Vielfalt für Besucher interessanter machen“. Außerdem muss er dafür sorgen, dass die Tiere durch den Bau von Rosensteintunnel und S 21 nicht übermäßig genervt werden. Immerhin läuft ein Kran über die Gehege von Kamelen, Straußen und „Mesos“ – Mesopotamische Damhirsche – hinweg. Die Vierbeiner sehen das laut Direktor jedoch völlig gelassen. Dafür erhofft sich Kölpin nach Abschluss der Bauten eine enorme Verbesserung: „Auf den Rosensteintunnel kommt das neue Elefantenhaus.“

Wenn auf dem Tennhof einer schreit, dann die Tiere – der Wilhelma-Direktor geht es lieber ruhig an

Ungerührt von diesen baulichen Veränderungen in Stuttgart können die Wildtiere auf dem Tennhof entspannt in den Tag leben. Und hin und wieder auch mal für Radau sorgen: Wenn sie sich einen akustischen Wettbewerb liefern. Denn wenn jemand schreit, sind das Gigolo und Nepomuk. Thomas Kölpin geht es als Wilhelma-Direktor lieber ruhig an.